Da ist diese Idee in Euren Köpfen. Ein innovatives Produkt, eine neue Technologie. Ihr als Team seid davon überzeugt, dass damit die Weltherrschaft bevorsteht. Kann sein. Aber habt ihr schon überprüft, ob Ihr mit Eurer Geschäftsidee wirklich ein Problem löst, ob ein Bedarf für Euer Produkt besteht? Probleminterviews, Interviews zur Analyse von Kundenproblemen, stehen ganz am Anfang einer Gründung und können Euch eine Antwort auf diese Fragen geben. Wir haben acht ultimative Tipps für gelungene Probleminterviews für Euch. Erkenntnisgewinn garantiert!
Eine der kritischsten Annahmen in Eurem neuen Geschäftsmodell ist, dass die Kunden Euer Produkt auch wirklich brauchen und wollen. Um das herauszufinden oder das Geschäftsmodell entsprechend anzupassen, gilt es ganz am Anfang jeder Gründung, seine Kunden umfassend zu erforschen. Verlasst Euch hier keinesfalls auf Euer Bauchgefühl, natürlich brennt Ihr für Eure Idee. Und auch Zielkunden zeigen oft Begeisterung bei Produkten, die sich plötzlich in Luft auflöst, sobald sie tatsächlich Geld in die Hand nehmen sollen. Ein halbherziges Abhandeln oder Überspringen der Problemfindung wird zum Bumerang, wenn das blindentwickelte Produkt später am Markt vor sich hindümpelt. Ein totes Pferd lässt sich eben schlecht reiten.
Der Schlüssel zu Eurem Erfolg: die Bedürfnisse der Zielkunden gründlichst studieren und Eure Produktentwicklung an diesen Erkenntnissen ausrichten.
Die große Kunst bei einem Probleminterview: die Kunden nicht zu beeinflussen und ein objektives Bild ihrer Bedürfnisse, Schwierigkeiten und Vorlieben herauszuarbeiten. Das Verkaufen Eurer eigenen Idee ist tabu. Am besten erwähnt Ihr diese im Gespräch nicht einmal. Die Motivation ist ausschließlich, die Zielgruppe bestmöglich kennen und verstehen zu lernen. Diese acht Tipps sorgen für ein gelungenes Interview:
8 Tipps für erkenntnisreiche Probleminterviews
1. Interviews persönlich führen
Neben dem Gesagten sind Körpersprache und Mimik wichtige Informationsquellen, die Euch Auskunft über die Schwere des Problems geben. Zudem baut Ihr durch ein persönliches Gespräch eine Verbindung zu Eurem Interviewpartner auf, auf die Ihr später zurückgreifen könnt, wenn Ihr zum Beispiel Test-/Pilotkunden benötigt.
2. Interviews zu zweit durchführen
So könnt Ihr im Anschluss Eure Beobachtungen und Erkenntnisse abgleichen – vier Ohren hören mehr als zwei. Möglich ist auch, dass einer spricht und der andere schreibt. Zudem seid Ihr zu zweit weniger gefährdet, in den Verkaufsmodus Eurer Idee abzudriften.
3. Interviews streuen
Führt zu Beginn auch zahlreiche Interviews mit Befragten außerhalb Eurer vermuteten Kernzielgruppe durch. Das klingt zunächst nach Zeitverschwendung, hilft Euch jedoch dabei, Eure Zielgruppe klarer zu definieren und abzugrenzen. Zudem stellt Ihr sicher, dass nicht links oder rechts ein viel lukrativeres Kundensegment schlummert, das Ihr bislang noch nicht auf dem Schirm hattet.
4. Die eigene Lösung nicht erwähnen
Bei den Probleminterviews geht es ausschließlich darum, ein gutes Kundenverständnis zu entwickeln. Die eigene Lösung ist Gegenstand der späteren Lösungsinterviews. Aus Erfahrung sind die Befragten jedoch neugierig, was es mit Eurem Produkt auf sich hat. Vertröstet Sie damit auf das Ende des Gesprächs und führt zunächst die Problemfindung durch.
5. Keine Suggestivfragen stellen
Vermeidet es, die Gedanken des Befragten mit gerichteten Fragen in Eure Denkrichtung zu lenken – schwierig, aber essenziell. Andererseits könnt Ihr jedoch Anti-Suggestivfragen verwenden: Behauptet, dass das Problem nicht existiert, bzw. dass es mit bestehenden Mitteln zufriedenstellend gelöst werden kann und schaut, ob der Kunde widerspricht. Ein hervorragender Test.
6. Nur reales Verhalten zählt
Menschen fällt es erfahrungsgemäß schwer, hypothetische Entscheidungssituationen richtig einzuschätzen. Fragen im Konjunktiv oder bezogen auf zukünftige Sachverhalte sind daher wenig verlässlich. Konzentriert Euch hingegen auf das reale Verhalten des Befragten. Fragt die Kunden nicht, was sie wollen, sondern was sie tun oder getan haben. Falls möglich, befragt Kunden, die vor kurzem mit dem Problem konfrontiert waren, bzw. die Entscheidungssituation von Interesse (z.B. Kaufentscheidung der aktuellen Lösung) durchlaufen haben. Je frischer die Situation, desto wertvoller der Input. Interessant ist auch, wie häufig sie das Problem erleben.
7. Am Ende nach weiteren Kontakten fragen
Fragt den Interviewpartner am Ende des Gesprächs, ob Ihr ihn wieder kontaktieren dürft, sobald Ihr eine Demo der Lösung gebaut habt. Fragt zudem, ob er Euch Kontakte zu weiteren Interviewpartnern aus seinem Netzwerk vermitteln kann.
8. Erkenntnisse schriftlich festhalten
Selbstverständlich macht es Sinn, die Erkenntnisse unmittelbar im Anschluss an das Interview schriftlich zu dokumentieren. Achtet hierbei auf eine objektive Wiedergabe des Gesagten und die Verwendung der Kundensprache. Haltet einige Kernzitate fest. Dies ist ein weiterer Schutz davor, die Interviews später im Sinne der eigenen Lösung zu interpretieren.
Ihr wollt einen exemplarischen Aufbau eines Probleminterviews sehen, eine Benchmark für die Anzahl der Interviews wissen oder das ganze Wissen nochmal on point haben? Dann geht es hier zu dem kompletten Leitfaden Probleminterview.
TL;DR (Too Long; Didn’t Read)
– Probleminterviews vor der Realisierung einer Geschäftsidee sind wichtig, um nicht ein Produkt an den Kundenbedürfnissen vorbei zu entwickeln.
– Sinn und Zweck der Probleminterviews ist es, ein möglichst unverzerrtes Verständnis über die Probleme und Bedürfnisse des Kunden mit seinen aktuellen Lösungen zu entwickeln. Die eigene Lösung ist hierbei noch nicht Gesprächsgegenstand.
– Es wurden genügend Interviews geführt, wenn die Zielgruppe klar definiert ist, ein Kernproblem gefunden wurde sowie die existierenden Alternativen bekannt sind.
Wie geht es dann weiter?
Im nächsten Schritt geht es dann an die Lösungsdefinition und -validierung, um den Problem-Solution-Fit zu erreichen. Coming soon in unserer Gründungswissensreihe: Lösungsinterviews.
Ihr wollt mehr zum Thema wissen? Hier geht’s zum kompakten Leitfaden Kundeninterviews. Ihr seid eher so die auditiven Lerntypen? Dann geht’s hier zum kurzen, informativen Podcast-Interview mit Gründungsberater Sebastian zum Thema.