Ihr habt eine grandiose Geschäftsidee (der Markt wird euer sein), Ihr seid ein Team, Ihr habt im besten Fall Eure Kunden, den Markt und Eure Wettbewerber analysiert und Ihr habt Bock. Und nun wollt Ihr endlich: GRÜNDEN! Aber als was? Viele Teams stellen sich dann die alles entscheidende Frage: Welche Gesellschaftsform ist die richtige für uns? Nicht das Lieblingsthema vieler Gründer:innen, aber durchaus wichtig. Die vielen Fachvokabeln, die komplizierten Klauseln, und das alles verfasst im schönsten Juristensprech, können dabei sehr verwirren. Wir bemühen uns mit unserer neuesten Folge der Wissensreihe Startup Manuals etwas Klarheit in dieses Wirrwarr zu bringen.
Was legt eine Gesellschaftsform eigentlich fest?
*Haftung
*Buchführungs- und Dokumentationspflichten
*Mitspracherechte und Aufsichtsgremien
*Besteuerung des Unternehmens
*Komplexität des Anmelde- (und ggf. Abmeldeprozesses) uvm.
Die erste grundlegende Entscheidung ist:
Kapitalgesellschaft oder Personengesellschaft?
Grob vereinfacht dargestellt:
In Personengesellschaften haften die Gründer:innen persönlich für eine etwaige wirtschaftliche Schieflage des Unternehmens. Dafür bieten Personengesellschaften aber auch Vorteile: geringere Buchhaltungs- und Dokumentationspflichten sowie Steuervergünstigungen.
Kapitalgesellschaften sind eigenständige juristische Personen. Die Haftung des Unternehmens ist begrenzt und trifft nur in seltenen Ausnahmefällen die Gesellschafter:innen (aber, um an dieser Stelle direkt mit einem Vorurteil aufzuräumen: es besteht keine Haftungsfreiheit für die Gesellschafter:innen, die Hürden liegen nur höher). Dafür werden höhere Anforderungen an Buchhaltungs- und Dokumentationspflichten gestellt und es gilt eine (meist) ungünstigere Besteuerung. Der größte Vorteil von Kapitalgesellschaften ist die Möglichkeit, einfacher Investor:innen in das Unternehmen zu integrieren.
Die folgende Tabelle gibt einen schnellen Überblick über die Unterschiede von Personen- ggü. Kapitalgesellschaften:
Kapitalgesellschaft (UG, GmbH, AG) |
Personengesellschaft (GbR, OHG, KG, GmbH & Co KG) |
|
---|---|---|
Haftung | Gesellschaftsvermögen | Privatvermögen der Gesellschafter:innen |
Leitung | Geschäftsführer/Vorstand, kann auch extern bestellt sein | Nur durch Gesellschafter:innen |
Entscheidungen | Mehrheitsbeschlüsse durch Gesellschafter- bzw. Aktionärsversammlung | Einstimmigkeitsprinzip |
Anteilsübertragung | Freie Übertragung | Keine freie Übertragung |
Versteuerung | Gesellschaft versteuert Überschüsse, Gesellschafter:innen versteuern zusätzlich bei Ausschüttung, Verluste werden auf Ebene der Gesellschaft steuerlich geltend gemacht | Gesellschafter:innen versteuern zu ihren persönlichen Steuersätzen, Verluste können in der privaten Steuererklärung geltend gemacht werden |
Wir beschränken uns hier auf die drei Gesellschaftsformen, die für unsere jungen Startups die höchste Relevanz haben. Informationen zu weiteren Formen (KG, AG, OHG etc.) findet Ihr in unserem Leitfaden zum Thema.
Personengesellschaften
Zu den Personengesellschaften zählen die GbR, KG und GmbH und Co KG. Weitere Personengesellschaften (Einzelunternehmen, e.K., PartG, PartGmbB) sind nur für Einzelgründer:innen oder Freiberufler:innen (in geschützten Berufen) relevant. Gemein ist den Personengesellschaften, dass der Gründungsakt stark vereinfacht ist gegenüber den Kapitalgesellschaften und bis zu einer gewissen Größe sind die bürokratischen Pflichten relativ gering (bspw. keine/verringerte Veröffentlichungspflichten, u.U. keine Pflicht zur doppelten Buchführung).
GbR – Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Die GbR ist eine Besonderheit, da sie formal bereits existiert, sobald ein Team eine Gründung ins Auge fasst bzw. beginnt, gemeinsam an einem Ziel zu arbeiten. Falls vor einer formalen Gründung bereits schon länger an etwas gearbeitet wird, hat diese GbR auch eine Historie, die es bei Auseinandersetzungen zu beachten gilt. D.h. auch in der Vorgründungsphase kann es schon relevant sein, Gesellschafterentscheidungen zu dokumentieren (statt lose Absprachen zu treffen). In einer GbR haften die Gesellschafter:innen über das Gesellschaftsvermögen hinaus mit ihrem Privatvermögen gesamtschuldnerisch für die wirtschaftlichen Verpflichtungen der GbR. Geschäftsführer:innen mit Gesamtvertretungsanspruch sind alle Gesellschafter:innen, es sei denn ein Gesellschaftsvertrag regelt anderes. Für eine Geschäftsaufnahme (= Dinge verkaufen, Verträge mit Dritten abschließen etc.) reicht eine Eintragung ins Handelsregister. Für diesen „formalen Gründungsakt“ gibt es keine Mindesteinlage an Geld- oder Sachwerten. Bei der Namensgebung ist eine GbR eingeschränkt, sie muss die Namen der Gesellschafter:innen tragen. Die GbR tritt nicht als eigenes Subjekt z.B. bei gerichtlichen Auseinandersetzungen in Erscheinung.
Kapitalgesellschaften
Kapitalgesellschaften beschränken hauptsächlich die Haftung und treten als eigenständige juristische Personen auf. Ein weiterer Vorteil ist die Bekanntheit der Unternehmensformen, denen größeres Vertrauen entgegengebracht wird (insbesondere im B2B-Bereich). Kapitalgesellschaften sind für den Investoreneinstieg vorteilhaft, wenn die Investor:innen Mitspracherechte an ihre Beteiligung knüpfen wollen. Nachteile sind der komplexere Gründungsprozess, Veröffentlichungspflichten, höhere Gründungskosten, ggf. Mindesteinlagen und unter Umständen sind die Gesellschafter:innen steuerlich gegenüber Personengesellschaften im Nachteil.
GmbH – Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Die Gründung einer GmbH setzt ein Stammkapital von 25.000 € voraus, davon muss die Hälfte in Form von Sach- oder Geldeinlagen zur Gründung eingezahlt sein. Eine GmbH unterliegt von Beginn an den „erweiterten“ Buchhaltungs- und Veröffentlichungspflichten (Bilanzierung, doppelte Buchführung). Es muss ein Gesellschaftsvertrag vorliegen, der notariell beurkundet wird und gesetzliche Mindestangaben enthalten muss. Die Gesellschafter:innen erhalten in der Gesellschafterversammlung ein Mitspracherecht entsprechend der erhaltenen Unternehmensanteile und können so unmittelbar auf die Entscheidungen der GmbH einwirken. Die Geschäftsführer:innen werden von der Gesellschafterversammlung bestellt und können auch von außerhalb des Gesellschafterkreises bestellt sein. Die Geschäftsführer:innen haften „relativ schnell“ mit ihrem Privatvermögen für wirtschaftliche Verpflichtungen der GmbH. Die Haftungsfreiheit für die Gesellschafter:innen kann auch durch Externe eingeschränkt werden (üblich z.B. bei Kreditverträgen, wenn die GmbH gerade kurz nach der Gründung noch geringe Gegenwerte enthält, in einem solchen Vertrag wird die Haftung der GmbH auf die Gesellschafter:innen ausgedehnt, Stichwort Durchschlagshaftung).
UG – Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)
Die UG verhält sich in allen relevanten Feldern wie eine GmbH (notariell beurkundeter Gesellschaftsvertrag, gesetzliche Mindestinhalten, Mitspracherechte der Gesellschafter:innen, Haftungsbeschränkung). Entscheidender Unterschied ist die Höhe des Stammkapitals, das zwischen einem Euro und 24.999 € liegt. Das Stammkapital muss allerdings in Geldwert zur Gründung vollständig eingezahlt werden, Sachwerte können nicht eingebracht werden. Eine UG kann durch Erhöhung des Stammkapitals auf 25.000 € in eine GmbH umgewandelt werden. Dies kann aus Gesellschaftermitteln oder aus Eigenkapital geschehen, allerdings ist eine Umwandlung wiederum mit Änderung der Handelsregistereintragung und Notarbesuch verknüpft. Es besteht außerdem die sog. „Ansparpflicht“: 25 % des Jahresgewinns dürfen nicht an die Gesellschafter:innen ausgeschüttet werden, bis die 25.000 € für eine GmbH-Umwandlung erreicht sind.
Weitere Gesellschaftsformen
Neben den hier kurz umrissenen Gesellschaftsformen gibt es viele weitere Möglichkeiten zur Ausgestaltung der formalen Gründung. Neben den bereits im Einstieg genannten Gesellschaftsformen für freiberufliche Tätigkeit oder Einzelgründungen gibt es noch bspw. die gemeinnützigen Kapitalgesellschaften gGmbH/gUG, die eingetragene Genossenschaft eG als Zwitterform zwischen Kapital- und Personengesellschaften oder gänzlich andere Modelle, die je nach Projekt ggü. einer Unternehmensgründung von Vorteil sein könnten (als Beispiel der eingetragene Verein e.V.). Außerdem kann die formale Gründung bspw. auch im (europäischen) Ausland erfolgen, dies schränkt die Fördermöglichkeiten durch öffentliche Förderung in Deutschland ein, eröffnet aber u.U. einfacheren Zugang zu Zielmärkten, anderen Förderungen und günstigere Konditionen bzgl. Steuer und Buchhaltungspflichten.
Welche ist jetzt die „richtige“ Gesellschaftsform?
Die Frage kann leider nicht pauschal beantwortet werden. Generelle Faustregel: so einfach wie möglich, so kompliziert wie nötig. Es bietet sich meist an, die einfachste Form zu gründen, um das eigene Geschäftsmodell umzusetzen. Eine GmbH ist bspw. eher ein Klotz am Bein, wenn man nie vorhat, Investor:innen an Bord zu nehmen. Zur Not kann man in zehn Jahren auch umfirmieren oder ein weiteres Unternehmen gründen.
TL;DR (Too Long; Didn’t Read)
*Personengesellschaften (GbR, KG, GmbH und Co KG) sind einfacher zu gründen und unterliegen geringeren bürokratischen Hürden.
*Kapitalgesellschaften (GmbH, UG, AG) haben höhere formale Hürden bei Gründung und Betrieb, beschränken allerdings die Haftung der Gesellschafter:innen bei wirtschaftlichen Verfehlungen und vereinfachen die Aufnahme von Investor:innen.
*Es gibt sehr viele Konstrukte, um Unternehmen zu gründen, die beste Form entdeckt man meistens, wenn es zu spät ist.
*Der Haftungsausschluss bei Kapitalgesellschaften ist selten so allumfassend und wichtig, wie er sich im ersten Moment anhört.
Ihr versteht immernoch kein Wort? Etwas ausführlicher haben wir das Ganze in unserem Podcast „Trial&Error“ mit unserem Gründungsberater Konstantin besprochen. Hört gleich rein!
Ihr wollt nochmal wissen, welche Steps vor der Wahl der Gesellschaftsformen wichtig sind und Euch darüber informieren? Zweierlei Kundeninterviews, Marktanalyse, Wettbewerbsanalyse. Dann schaut auf unsere Startup Manuals-Übersicht, da findet Ihr nochmal alle Infos gebündelt.