Die eigene Praxis führen, Behandlungskonzepte nach den eigenen Qualitätsstandards umsetzen und die Entwicklung des Standorts aktiv gestalten – für viele Physiotherapeut:innen ist die Selbstständigkeit ein klares Ziel. Die Chancen stehen gut, denn der Bedarf an Reha, Prävention und fachkundiger Schmerztherapie wächst seit Jahren. Gleichzeitig verlangt die Gründung solide Vorbereitung. Welche formalen Voraussetzungen gelten? Wie planst du Finanzierung und Preise? Und mit welchen Maßnahmen gewinnst du Patient:innen nachhaltig?
Das Wichtigste in Kürze
- Für die Abrechnung mit gesetzlichen Kassen ist eine Zulassung nach § 124 SGB V nötig, inklusive geeigneter Praxisräume und Nachweise zur Qualifikation und Hygiene.
- Ein tragfähiger Businessplan mit realistischen Preisen, klarer Positionierung und Reserven für Anlaufkosten erhöht deine Finanzierungschancen und Planungssicherheit.
- Sichtbarkeit entsteht durch lokales Marketing, Kooperationen mit Ärzt:innen, ein starkes Google-Profil und patientenfreundliche digitale Prozesse von der Terminvergabe bis zur Dokumentation.
Welche Voraussetzungen brauchst du?
Der Berufsabschluss als Physiotherapeut:in mit staatlicher Anerkennung bildet die Basis. Wenn du gesetzlich Versicherte behandeln willst, folgt die Kassenzulassung. Zuständig sind die Zulassungsstellen der Landesverbände der Krankenkassen und Ersatzkassen. Gefordert werden unter anderem:
- Nachweis der fachlichen Eignung und Berufserfahrung
- geeignete Praxisräume mit Mindestgrößen, barrierearmen Zugängen, Behandlungs- und Wartebereich
- Hygiene- und Reinigungsplan, Datenschutzkonzept sowie Geräteprüfungen, wo erforderlich
Behandlungen ohne ärztliche Verordnung sind nur mit sektoraler Heilpraktikererlaubnis für Physiotherapie möglich. Diese Erlaubnis ersetzt nicht die Kassenzulassung, erweitert aber dein Angebot für Selbstzahler:innen.
💡 Tipp: Plane die Raumaufteilung frühzeitig. Separate Behandlungsräume, ein gut erreichbarer Empfang und ausreichend Lagerfläche für Hilfsmittel beschleunigen spätere Abläufe.
Rechtliche Anforderungen und Absicherung
Zur Gründung gehören einige Pflichtschritte, die dir später Ärger ersparen:
- Gewerbeanmeldung bei der Stadt oder Gemeinde
- Steuerliche Erfassung beim Finanzamt inklusive Wahl der Gewinnermittlung und Prüfung der Kleinunternehmerregelung
- Berufsgenossenschaft BGW zur Absicherung gegen Arbeitsunfälle
- Berufs- und Betriebshaftpflichtversicherung, optional Inhalts- und Elektronikversicherung
- Datenschutz und IT-Sicherheit nach DSGVO, inklusive Auftragsverarbeitungsverträge mit Software- und Abrechnungsdienstleistern
- Medizinprodukte- und Arbeitsschutzvorgaben je nach Ausstattung
💡 Tipp: Viele KVen, Verbände und Gründerstellen bieten Checklisten und Muster für Hygienepläne, Datenschutz und Qualitätsmanagement an. Nutze diese Vorlagen und passe sie an deine Praxis an.
Von der Idee zum belastbaren Businessplan
Ein Businessplan macht die Gründung greifbar und hilft dir, Annahmen zu prüfen. Die wichtigsten Bausteine:
- Positionierung: Wofür steht deine Praxis – Orthopädie, Neuro, Sportphysiotherapie, Prävention? Wer ist deine Zielgruppe und wie erreichst du sie?
- Marktanalyse: Einzugsgebiet, Konkurrenz, Ärzt:innenstruktur, Vereins- und Firmenlandschaft.
- Leistungskatalog: Kassenleistungen nach Rahmenvertrag, Privat- und Selbstzahlerangebote wie Personal Training, Präventionskurse, betriebliche Gesundheitsförderung.
- Kostenstruktur: Miete, Personal, Software, Versicherungen, Einrichtung, Marketing, Rücklagen für Ausfälle und Wartung.
- Umsatz- und Preismodell: Kassenabrechnung orientiert sich an Verträgen. Für Privatleistungen kalkulierst du frei – transparent und wertorientiert.
Reserve einplanen? Unbedingt. Gerade in den ersten Monaten schwankt die Auslastung, während Fixkosten durchlaufen.
Finanzierung, Förderungen und Steuern
Gründen kostet. Typische Posten sind Praxisumbau, Geräte, Software, Erstausstattung und Liquiditätsreserve. Mögliche Quellen:
- KfW-Kredite mit tilgungsfreien Anlaufjahren
- Gründungszuschuss bei Start aus der Arbeitslosigkeit
- Landesförderungen und regionale Programme für Gesundheitsberufe
- Leasing für Geräte statt Kauf
Steuerlich prüfst du die Kleinunternehmerregelung im ersten Jahr, berücksichtigst Abschreibungen für Ausstattung und setzt Betriebsausgaben sauber an. Eine früh eingebundene Steuerberatung spart Zeit und verhindert Fehler in der Abrechnung.
Praxisorganisation: digital, effizient, patientenfreundlich
Zeit ist in der Praxis der Engpass. Schlanke Prozesse zahlen sich täglich aus:
- Terminmanagement online mit Wartelistenfunktion und Erinnerungen reduziert No-Shows.
- Praxissoftware bündelt Karteiführung, Dokumentation, Abrechnung und Statistik.
- Standardisierte Befundbögen und klare Verlaufsdokumentation erhöhen Behandlungsqualität und Rechtssicherheit.
- Kennzahlen wie Auslastung, Rezeptquote, Ausfallrate oder Umsatz pro Stunde machen Fortschritte messbar.
💡 Tipp: Starte mit wenigen Tools, die sofort Entlastung schaffen, und erweitere schrittweise. Das Team übernimmt neue Prozesse leichter, wenn der Nutzen direkt sichtbar ist.
Preise, Kassenabrechnung und Privatleistungen
Für Kassenleistungen gelten die regionalen Verträge. Prüfe die Wirtschaftlichkeit pro Zeiteinheit und berücksichtige Puffer für Dokumentation und Raumwechsel. Privat- und Selbstzahlerleistungen kalkulierst du eigenständig:
- Leistung definieren, Dauer und Ziel klären
- internen Stundensatz ermitteln und marktgerecht anpassen
- Pakete anbieten, zum Beispiel Rückentraining oder Post-OP-Programme
Transparent kommunizierte Preise stärken Vertrauen und vermeiden Missverständnisse.
Patientengewinnung: lokal präsent und digital sichtbar
Empfehlungen bleiben im Gesundheitswesen unschlagbar. Ergänze sie durch planbares Marketing:
- Google-Unternehmensprofil mit aktuellen Öffnungszeiten, Leistungen, Bildern und regelmäßigen Posts
- Website mit klaren Leistungen, Online-Terminbuchung, Teamvorstellung und Anfahrt
- Netzwerk mit Ärzt:innen, Vereinen, Fitnessstudios und Unternehmen der Region
- Kooperationen in der betrieblichen Gesundheitsförderung für Workshops und Screenings
- Bewertungen aktiv einholen und professionell beantworten
Eine Praxis, die erreichbar ist, verlässlich kommuniziert und kurze Wege bietet, wird empfohlen und bleibt im Gespräch. Ein Beispiel für eine erfolgreiche Umsetzung dieser Prinzipien ist AC-Performance Physiotherapie in Saarbrücken, die zeigt, wie eine klare Positionierung und moderne Abläufe zur regionalen Sichtbarkeit beitragen können.
Personal und Wachstum
Wächst die Nachfrage, entlasten dich Rezeptionskräfte, zusätzliche Therapeut:innen oder dual Studierende. Grundlage ist eine klare Aufgabenverteilung, strukturierte Einarbeitung und regelmäßige Fortbildung. Ein wertschätzendes Arbeitsumfeld bindet Fachkräfte und reduziert Fluktuation. Plane Team-Meetings fest ein, um Qualitätsstandards zu sichern und gute Ideen aus der Behandlungspraxis schnell zu übernehmen.
Qualität sichern und rechtssicher dokumentieren
Gute Therapie erkennt man an konsistenten Ergebnissen. Dazu gehören:
- Leitlinienorientierte Behandlungspfade und individuelle Zielvereinbarungen
- Regelmäßige Re-Assessments zur Erfolgskontrolle
- Saubere Dokumentation von Befund, Verlauf und Hausaufgaben
- Feedback-Schleifen mit Patient:innen und dem Team
Kommt es zu Rückfragen von Kassen oder Ärzt:innen, überzeugst du mit vollständigen, strukturierten Unterlagen.
Fazit
Selbstständig als Physiotherapeut:in zu arbeiten, verbindet fachliche Freiheit mit unternehmerischer Verantwortung. Wer die Zulassung souverän durchläuft, eine klare Positionierung wählt, Preise realistisch kalkuliert und auf effiziente Praxisorganisation setzt, startet stabil. Sichtbarkeit entsteht durch lokales Netzwerk und digitale Präsenz. Mit konsequenter Qualitätssicherung wächst Vertrauen – die beste Basis für eine nachhaltig erfolgreiche Praxis. Jetzt ist der Moment, den nächsten Schritt zu planen.