Wachstum bedeutet Erfolg – aber auch neue Risiken.
Wenn ein Unternehmen wächst, kommen nicht nur mehr Umsatz, mehr Kunden und mehr Projekte hinzu, sondern auch mehr Angriffsflächen. Die IT-Landschaft wird komplexer, es entstehen neue Standorte, Mitarbeitende arbeiten verteilt (oft remote), neue Tools und Plattformen werden eingeführt. IT-Sicherheit, die in einem kleinen Team noch „nebenher“ funktioniert hat, wird schnell zur strategischen Herausforderung.
Wer hier nicht rechtzeitig handelt, riskiert Datenlecks, Betriebsunterbrechungen, Rechtsverstöße und Reputationsschäden. Deshalb gilt: Frühzeitig Strukturen und Best Practices aufbauen, die mit dem Unternehmen mitwachsen.
In diesem Artikel beleuchten wir bewährte Ansätze, mit denen wachsende Unternehmen ihre IT-Sicherheit pragmatisch und skalierbar verbessern können.
1. Sicherheit als Führungsaufgabe verstehen
IT-Security darf nicht nur in der IT-Abteilung verankert sein. Sie ist eine Führungsaufgabe. Das Management muss verstehen, dass Sicherheit kein Kostentreiber, sondern eine Investition in den Unternehmenserfolg ist.
Konkret bedeutet das:
- Ressourcen bereitstellen: Budget für Software, Hardware, Schulungen und gegebenenfalls externe Beratung.
- Sicherheitskultur vorleben: Führungskräfte nutzen selbst sichere Passwörter, aktivieren 2FA, lassen ihre Geräte regelmäßig aktualisieren.
- Verantwortlichkeiten festlegen: Wer ist für IT-Sicherheit zuständig? Wer entscheidet im Notfall? Wer spricht mit Partnern oder Behörden?
Sicherheit wächst nicht „von allein“ – sie braucht Steuerung und klare Signale von oben.
2. Zugriffskonzepte: Wer braucht was?
Je größer das Unternehmen, desto mehr Benutzerkonten, Tools und Schnittstellen kommen hinzu. Ohne Konzept entsteht schnell Chaos.
Best Practices:
- Least Privilege Principle: Jede Person erhält nur die Zugriffsrechte, die sie für ihre Aufgaben braucht – nicht mehr.
- Rollenbasierte Zugriffe: Statt Einzelfall-Entscheidungen definieren Unternehmen Rollen (z. B. Admin, Editor, Viewer), die je nach Funktion standardisierte Rechte enthalten.
- Regelmäßige Überprüfung: Alte Accounts deaktivieren, unnötige Rechte entziehen, neue Anforderungen prüfen.
- Sauberes Onboarding/Offboarding: Neue Mitarbeitende bekommen nicht „irgendwelche“ Zugänge, sondern gezielt zugewiesene Rechte. Beim Austritt werden Zugänge systematisch entzogen.
Ein Enterprise Password Manager kann hier helfen, Passwörter sicher zu verwalten und Zugriffe zentral zu steuern – besonders, wenn viele Tools genutzt werden.
3. Sichere Passwörter und Authentifizierung
Mit dem Wachstum steigt die Zahl der Plattformen: CRM, Buchhaltung, Cloud-Speicher, Collaboration-Tools, Marketing-Software. Damit nehmen auch die Risiken zu.
Typische Schwächen:
- Wiederverwendung derselben Passwörter.
- Zu einfache Passwörter.
- Kein oder unzureichender Einsatz von Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA).
Empfohlene Maßnahmen:
- Passwort-Mindestlänge: 14 bis 16 Zeichen
- Kombinationen: Groß- und Kleinbuchstaben, Zahlen, Sonderzeichen.
- Keine Wiederverwendung: Jedes Konto braucht ein eigenes Passwort.
- 2FA aktivieren: Wo immer möglich.
- Passwortmanager einsetzen: So können komplexe Passwörter sicher gespeichert und einfach genutzt werden.
4. Mitarbeitende schulen und sensibilisieren
Wachstum bringt neue Teammitglieder – oft in kurzer Zeit. Viele kennen Sicherheitsregeln nicht oder haben sie in vorherigen Jobs nicht gelernt. Schulungen sind daher Pflicht.
Empfehlungen:
- Onboarding-Trainings: Jeder Neuzugang bekommt eine Einführung in die IT-Sicherheitsrichtlinien.
- Regelmäßige Auffrischungen: Zum Beispiel jährlich, am besten mit aktuellen Bedrohungsbeispielen.
- Praxisnahe Inhalte: Phishing-Beispiele analysieren, Passwort-Workshops durchführen, Geräte-Checklisten nutzen.
- Fehlerkultur fördern: Mitarbeitende müssen sich trauen, Vorfälle zu melden, ohne Angst vor Sanktionen.
Mitarbeitende sind die erste Verteidigungslinie – aber nur, wenn sie wissen, worauf es ankommt.
5. Geräte und Netzwerke absichern
Mit mehr Mitarbeitenden wachsen auch die Gerätebestände: Laptops, Smartphones, Tablets. Oft werden Geräte mit nach Hause genommen, unterwegs genutzt oder privat ergänzt (Bring Your Own Device – BYOD).
Best Practices:
- Geräteverschlüsselung: Vertrauliche Daten sollten auch bei Geräteverlust geschützt bleiben.
- Bildschirmsperren: Klare Regeln, wie lange Geräte ungesperrt bleiben dürfen.
- Firmenlaptops statt privaten Geräten: Oder klare BYOD-Regeln mit technischen Schutzvorkehrungen.
- VPN-Nutzung: Für externe Zugriffe, besonders aus öffentlichen Netzwerken.
- Netzwerksegmentierung: Gäste-WLAN, Produktionsnetzwerke, Verwaltungsnetzwerke sollten getrennt sein.
- Zentrales Gerätemanagement: IT-Administratoren können Updates, Patches und Richtlinien zentral ausrollen.
6. Cloud-Dienste sicher nutzen
Cloud-Dienste bringen Flexibilität, aber auch Verantwortung. Oft wächst die Cloud-Landschaft unkontrolliert („Schatten-IT“).
Tipps:
- Dienste sorgfältig auswählen: Sicherheitszertifikate, Serverstandort (DSGVO-Konformität) prüfen.
- Verträge lesen: Wie werden Backups gemacht? Welche Exit-Strategien gibt es?
- Zentrale Verwaltung: Nicht jeder darf alles selbst entscheiden.
- Transparenz fördern: Mitarbeitende einbeziehen, damit keine Schattenlösungen entstehen.
7. Backups und Notfallpläne
Backups sind oft die letzte Rettung bei Ransomware, Hardware-Ausfällen oder Benutzerfehlern.
Best Practices:
- Automatisierte Backups: Manuelle Backups werden oft vergessen
- Mehrstufige Backups: Lokal, extern und in der Cloud.
- Getestete Wiederherstellung: Nicht nur sichern, sondern regelmäßig prüfen, ob sich Daten zurückspielen lassen.
- Notfallpläne erstellen: Wer übernimmt bei Ausfällen? Welche Systeme haben Priorität
Ab einer gewissen Unternehmensgröße reicht es nicht mehr, „irgendwo“ Sicherungskopien zu haben – es braucht eine Strategie.
8. Sicherheitsvorfälle ernst nehmen
Wachstumsunternehmen arbeiten oft flexibel und pragmatisch – das darf aber nicht heißen, Vorfälle zu ignorieren oder schönzureden.
Empfehlungen:
- Vorfall-Management definieren: Was ist ein Vorfall, wer ist verantwortlich?
- Meldewege festlegen: Interne Kontakte, externe Stellen, Behörden.
- Dokumentation sicherstellen: Wer hat wann was gemeldet, was wurde getan?
- Lessons Learned: Aus jedem Vorfall für die Zukunft lernen.
Wer hier vorbereitet ist, spart im Ernstfall Zeit, Geld und Reputation.
9. Compliance und Datenschutz nicht vergessen
Mit der Größe steigen auch regulatorische Anforderungen: DSGVO, Branchenstandards, Zertifizierungen.
Das bedeutet:
- Datenschutzbeauftragte einbinden.
- Verarbeitungsverzeichnisse führen.
- Mitarbeitende zu Datenschutz schulen.
- Prozesse dokumentieren.
Auch hier gilt: Frühzeitig Strukturen schaffen, damit Compliance nicht zum Bremsklotz, sondern zum Qualitätsmerkmal wird.
Sicherheit wächst mit dem Unternehmen
Wachstum bringt Chancen, Innovation und Erfolg – aber auch neue Verantwortung. Wer IT-Sicherheit von Anfang an mitdenkt, spart langfristig Kosten, schützt Kundendaten und stärkt das Vertrauen von Partnern und Mitarbeitenden.
Best Practices helfen, die wichtigsten Risiken zu adressieren. Sie ersetzen aber nicht die regelmäßige Überprüfung und Weiterentwicklung der eigenen Sicherheitsstrategie. IT-Sicherheit ist kein abgeschlossenes Projekt, sondern ein kontinuierlicher Prozess.
Unternehmen, die hier investieren, sichern sich nicht nur gegen Bedrohungen ab – sie schaffen sich auch einen Wettbewerbsvorteil.