Der Begriff „Bad Leave“ (deutsch: schlechtes Ausscheiden) ist eine der kritischsten Klauseln in Gesellschafterverträgen (Shareholder Agreements, SHAs) und Vesting-Vereinbarungen von Startups. Er ist keine emotionale Beschreibung, sondern ein hart definierter juristischer Tatbestand.
Ein Bad Leave regelt die finanziellen und rechtlichen Konsequenzen, die eintreten, wenn ein Gründer oder Gesellschafter das Unternehmen unter klar definierten, negativen Umständen verlässt. Für Gründer ist das Verständnis dieser Klausel existenziell, da sie im Ernstfall den vollständigen oder teilweisen Verlust aller erarbeiteten Unternehmensanteile bedeuten kann.
Das Wichtigste in Kürze
- Was es ist: Ein „Bad Leave“ ist eine Vertragsklausel, die ein Ausscheiden aus dem Unternehmen unter negativen, vertraglich definierten Umständen beschreibt (z. B. Betrug, grobe Pflichtverletzung, Kündigung aus wichtigem Grund).
- Die Konsequenz (Vesting): Alle „unvested“ (noch nicht verdienten) Anteile verfallen sofort und ersatzlos.
- Die eigentliche Strafe (Vested Shares): Die Klausel beinhaltet fast immer eine Zwangseinziehungs-Option (Call Option). Der „Bad Leaver“ muss seine bereits verdienten (vested) Anteile an die Mitgesellschafter oder das Unternehmen zurückverkaufen.
- Der Preis: Der Knackpunkt ist der Rückkaufpreis. Bei einem Bad Leave ist dieser meist auf den niedrigsten möglichen Wert festgesetzt (z. B. den Nennwert der Anteile oder den Buchwert), nicht auf den realen Marktwert.
Was löst einen „Bad Leave“ aus?
Die Definition eines Bad Leave ist der entscheidende Punkt in einer Vertragsverhandlung. Sie muss im Gesellschaftervertrag präzise festgelegt werden. Wenn die Umstände eines Austritts nicht unter „Bad Leave“ fallen, handelt es sich automatisch um einen „Good Leave“.
Typische Gründe (Trigger) für einen Bad Leave sind:
- Fristlose Kündigung: Das Anstellungsverhältnis wird durch das Unternehmen aus wichtigem Grund (gemäß § 626 BGB) gekündigt.
- Strafbare Handlungen: Nachgewiesener Betrug, Diebstahl oder Veruntreuung zum Nachteil der Gesellschaft.
- Grobe Vertragsverletzungen: Schwere Verstöße gegen die Satzung oder den Gesellschaftervertrag, insbesondere die Verletzung eines vereinbarten Wettbewerbsverbots.
- Amtsniederlegung: Ein Geschäftsführer legt sein Amt zur „Unzeit“ nieder, also in einem Moment, der dem Unternehmen bewusst schadet.
In sehr gründerunfreundlichen Verträgen kann manchmal auch die einfache Eigenkündigung des Gründers als Bad Leave gewertet werden, um „Leaver“ im Team zu bestrafen.
Die finanziellen Konsequenzen im Detail
Die Folgen eines Bad Leave sind drastisch und zielen darauf ab, den Verursacher finanziell zu bestrafen und dessen Anteile wieder in den Gesellschafterkreis (oder an neue Manager) zu überführen.
1. Verfall von unvested Anteilen
Hält der Gründer Anteile, die einem Vesting unterliegen (dem „Verdienen“ über Zeit), verfallen alle Anteile, für die die Vesting-Periode noch nicht abgelaufen ist. Dies ist bei einem Austritt (egal ob Good oder Bad) meist der Standard.
2. Zwangseinzug der vested Anteile (Call Option)
Dies ist der eigentliche „Malus“. Die „Bad Leave“-Klausel gibt den übrigen Gesellschaftern (oder dem Unternehmen selbst) das Recht, dem Ausscheidenden seine bereits verdienten Anteile zwangsweise abzunehmen.
Der entscheidende Unterschied liegt im Preis:
- Bad Leave (Strafe): Der Rückkaufpreis ist minimal, z. B. der Nennwert (oft 1 € pro Anteil) oder der Buchwert. Der Gründer verliert den gesamten Marktwert seiner Arbeit.
- Good Leave (Normalfall): Der Gründer darf seine Anteile behalten oder muss sie zum vollen, fairen Marktwert (Fair Market Value) verkaufen.
Abgrenzung zum „Good Leave“
Ein „Good Leave“ (gutes Ausscheiden) ist jeder Austrittsgrund, der nicht als Bad Leave definiert ist. Er soll den Gründer schützen, der das Unternehmen unverschuldet verlässt.
Typische „Good Leave“-Fälle sind:
- Ordentliche Kündigung durch das Unternehmen (ohne wichtigen Grund).
- Dauerhafte Arbeitsunfähigkeit (Krankheit, Unfall) des Gründers.
- Tod des Gründers.
- (Je nach Verhandlung) die einfache Eigenkündigung des Gründers nach Ablauf der Vesting-Periode.
Warum Gründer diese Klausel kennen müssen
Die „Bad Leave“-Klausel ist eine der schärfsten Waffen im Gesellschaftervertrag. Bei Verhandlungen mit Mitgründern und Investoren muss die Definition eines „Bad Leave“ so eng und präzise wie möglich gefasst werden (z. B. nur auf Straftaten beschränkt). Gründer sollten niemals leichtfertig akzeptieren, dass eine normale Eigenkündigung oder ein einfacher Dissens im Team zum Totalverlust ihrer bereits verdienten Anteile führt.