Der Cap Table (kurz für Capitalization Table) ist eines der wichtigsten und sensibelsten Dokumente eines Startups. Es handelt sich um eine detaillierte Aufstellung, meist in Tabellenform (z. B. Excel), die alle Gesellschafter (Shareholder) eines Unternehmens und deren jeweilige Eigentumsverhältnisse auflistet.
Der Cap Table zeigt, wem wie viel Prozent des Unternehmens gehört, welche Art von Anteilen (z. B. Stamm- oder Vorzugsanteile) gehalten werden und wie sich die Eigentumsstruktur durch Finanzierungsrunden entwickelt hat. Er ist die „Single Source of Truth“ (die einzige Quelle der Wahrheit) für alle Eigentumsfragen.
Das Wichtigste in Kürze
- Was es ist: Ein Cap Table ist die zentrale, detaillierte Übersicht über die Eigentumsverhältnisse (Equity) eines Startups (wer besitzt was?).
- Zweck: Er ist die unverzichtbare Grundlage für jede Finanzierungsrunde, die Zuteilung von Mitarbeiteroptionen und die Berechnung von Exit-Erlösen.
- Wichtigkeit für Gründer: Er visualisiert die eigene Beteiligung und – noch wichtiger – die „Verwässerung“ (Dilution) der Gründeranteile durch neue Investoren und Mitarbeiterbeteiligungen (ESOP).
- Warnsignal (Red Flag): Ein „messy Cap Table“ (ein unordentliches, unklares Dokument) kann zukünftige Finanzierungsrunden blockieren, da er Investoren abschreckt.
Was steht in einem Cap Table?
Ein einfacher Cap Table listet alle Gesellschafter (Gründer, Business Angels, VCs) und die Anzahl ihrer Anteile auf. Ein professioneller Cap Table, wie er für Investorenrunden benötigt wird, ist komplexer und zeigt die „fully diluted“ (vollständig verwässerte) Struktur.
Ein vollumfänglicher Cap Table enthält:
- Alle Anteilseigner: Name des Gründers, Investors oder Mitarbeiters.
- Art der Anteile: Unterscheidung zwischen Stammanteilen (Common Shares, meist für Gründer) und Vorzugsanteilen (Preferred Shares, meist für Investoren).
- Anzahl der Anteile: Die genaue Stückzahl, die jede Partei hält.
- Prozentualer Anteil: Der prozentuale Anteil am Unternehmen.
- Mitarbeiteroptionen (ESOP): Der gesamte „Option Pool“ (reservierte, aber noch nicht ausgegebene Anteile für Mitarbeitende) muss aufgeführt sein, da er alle bestehenden Gesellschafter verwässert.
- Wandeldarlehen (Convertible Notes): Instrumente, die sich bei der nächsten Finanzierungsrunde in Anteile umwandeln.
Warum ist der Cap Table für Gründer so wichtig?
Für Gründer ist der Cap Table das zentrale Werkzeug, um die eigene Position im Unternehmen zu verstehen und strategische Entscheidungen zu treffen.
1. Grundlage für Finanzierungsrunden
Kein Investor wird ein Gespräch über eine Finanzierung führen, ohne den Cap Table gesehen zu haben. Investoren müssen wissen, wer vor ihnen investiert hat, welche Rechte diese Parteien haben und wie viel Prozent sie für ihr Investment erhalten werden. Der Cap Table ist die Basis für die Verhandlung über die Pre-Money-Bewertung und die Berechnung des neuen Anteilspreises.
2. Das Management der Verwässerung (Dilution)
Dies ist der kritischste Punkt für Gründer. Jede neue Finanzierungsrunde und jede Ausgabe von Mitarbeiteroptionen „verwässert“ den prozentualen Anteil der Altgesellschafter (einschließlich der Gründer). Ein Gründer, der zu Beginn 50 % hielt, hält nach mehreren Runden vielleicht nur noch 15 %. Der Cap Table ist das einzige Werkzeug, um diese Verwässerung exakt zu modellieren und zu verstehen, was der eigene Anteil nach der Runde noch wert ist.
3. Berechnung von Exit-Szenarien (Waterfall)
Wenn das Startup verkauft wird (Exit), bestimmt der Cap Table, wer wie viel Geld bekommt. Investoren (mit Vorzugsanteilen) haben oft Liquidationspräferenzen, d.h., sie erhalten ihr Geld zuerst zurück, bevor die Gründer (mit Stammanteilen) ausgezahlt werden. Eine „Waterfall-Analyse“ auf Basis des Cap Tables simuliert, wie viel Geld bei verschiedenen Verkaufspreisen bei den Gründern ankommt.
4. Verwaltung der Mitarbeiterbeteiligung (ESOP)
Der Cap Table ist notwendig, um den Employee Stock Option Pool (ESOP) zu verwalten. Er zeigt, wie groß der Pool ist, wie viele Optionen bereits an Mitarbeitende vergeben (allocated) wurden und wie viele noch frei (available) sind.
Was ist ein „messy Cap Table“?
Investoren fürchten „messy“ (unordentliche) Cap Tables. Dies ist ein Warnsignal (Red Flag), das Finanzierungsrunden verzögern oder verhindern kann.
Ein Cap Table gilt als „messy“, wenn:
- zu viele Kleinstinvestoren (z. B. aus der „Family, Friends & Fools“-Runde) mit Stimmrechten eingetragen sind.
- „Dead Equity“ vorhanden ist (Anteile, die von Gründern gehalten werden, die das Unternehmen längst verlassen haben).
- die Dokumentation unklar ist oder rechtliche Fehler aufweist.
Abgrenzung: Cap Table vs. Gesellschafterliste
Diese Unterscheidung ist juristisch entscheidend (insbesondere in Deutschland):
- Gesellschafterliste (List of Shareholders): Dies ist das offizielle, rechtlich bindende Dokument, das beim Handelsregister hinterlegt ist. Es zeigt, wer legal Gesellschafter der GmbH ist.
- Cap Table: Dies ist das ökonomische und strategische Dokument. Es ist detaillierter und enthält auch Rechte, die noch nicht im Handelsregister stehen, aber wirtschaftlich relevant sind (z. B. ESOPs, VSOPs, Wandeldarlehen). Der Cap Table zeigt die „vollständig verwässerte“ Realität.