Deeptech (kurz für Deep Technology) bezeichnet eine Kategorie von Startups und Unternehmen, deren Geschäftsmodell auf fundamentalen wissenschaftlichen Entdeckungen oder neuartigen, disruptiven Ingenieursleistungen basiert. Es geht nicht um die Anwendung bekannter Technologien (wie den Bau einer neuen App oder SaaS-Lösung), sondern um die Kommerzialisierung von echter, grundlegender Innovation.
Diese Technologien entstehen oft direkt aus der universitären Forschung und umfassen Bereiche wie Künstliche Intelligenz (insbesondere Foundation Models), Quantencomputing, Biotechnologie, Robotik, Materialwissenschaften oder Luft- und Raumfahrttechnik. Deeptech-Unternehmen zielen darauf ab, die größten Herausforderungen der Gesellschaft zu lösen (z. B. Klimawandel, Gesundheitswesen) und dabei völlig neue Märkte zu schaffen.
Das Wichtigste in Kürze
- Definition: Deeptech basiert auf substanziellen wissenschaftlichen oder ingenieurtechnischen Durchbrüchen, nicht auf reinen Geschäftsmodell-Innovationen.
- Das Asset: Der Kernwert liegt im „Intellectual Property“ (IP) – meist in Form von Patenten oder exklusivem Know-how –, das eine hohe Markteintrittsbarriere schafft.
- Herausforderungen: Deeptech erfordert extrem lange Entwicklungszyklen (oft 5-10 Jahre bis zur Marktreife) und ist extrem kapitalintensiv (hohe F&E-Kosten).
- Bedeutung: Für Startups ist es der Weg zu einer unangreifbaren Marktposition; für Venture Capital (VC) ist es ein Hochrisiko-Investment mit dem Potenzial auf monopolähnliche, überdurchschnittliche Renditen.
Was unterscheidet Deeptech von „normaler“ Tech?
Die Abgrenzung zu „Shallow Tech“ (oberflächliche Technologie) oder klassischen IT-Startups ist entscheidend.
- „Normale“ Tech (z. B. SaaS, Apps): Nutzt meist existierende Technologien, um ein neues Geschäftsmodell, ein besseres Kundenerlebnis (UX) oder eine höhere Effizienz zu schaffen. Der Wettbewerbsvorteil liegt oft in der Geschwindigkeit, der Marke oder dem Vertrieb.
- Deeptech: Schafft die neue Technologie selbst. Der Wettbewerbsvorteil ist das technologische Monopol (Patent), das nicht einfach kopiert werden kann. Ein SaaS-Startup baut ein CRM; ein Deeptech-Startup baut den Quantencomputer, auf dem zukünftige CRMs laufen.
Die Rolle für Startups
Für Gründer bedeutet die Entscheidung für Deeptech, einen Marathon statt eines Sprints zu wählen.
- Hohe Defensibilität (Der „Moat“): Der größte Vorteil ist die Schaff_ung einer tiefen, strukturellen Barriere gegen Wettbewerber. Ein starkes Patentportfolio ist eine „Burgmauer“, die Konkurrenten über Jahre fernhalten kann, selbst wenn diese über mehr Kapital verfügen.
- Lösung fundamentaler Probleme: Gründer im Deeptech-Bereich sind oft von der Mission getrieben, echte, große Probleme zu lösen (z. B. CO2-Reduktion, Heilung von Krankheiten).
- Kapitalbedarf und „Valley of Death“: Der Weg von der Forschung zum Prototyp und schließlich zur Massenproduktion ist lang und teuer. Deeptech-Startups verbringen Jahre im „Tal des Todes“ (Valley of Death), in dem sie hohe Kosten haben, aber noch keine Umsätze generieren.
Die Rolle für Venture Capital
Für Venture Capital (VC) ist Deeptech das ultimative Hochrisiko-Investment, das aber perfekt zur Kernlogik von Wagniskapital passt.
- Das „100x“-Potenzial: VCs wissen, dass die meisten ihrer Investments scheitern werden. Sie suchen nach den wenigen „Home Runs“, die den gesamten Fonds zurückzahlen. Deeptech-Unternehmen, falls sie erfolgreich sind, schaffen oft völlig neue Märkte oder dominieren bestehende komplett. Sie haben nicht das Potenzl für eine 10x-Rendite, sondern für eine 100x- oder 1000x-Rendite (z. B. BioNTech, SpaceX).
- „Patient Capital“: VCs, die in Deeptech investieren, müssen „geduldiges Kapital“ mitbringen. Sie können keinen Exit nach 3-5 Jahren erwarten. Die Investitionszyklen sind oft 10-15 Jahre lang.
- Technologie-Risiko vs. Markt-Risiko: Normale Startups scheitern oft am Markt-Risiko (das Produkt will niemand). Deeptech-Startups scheitern oft am Technologie-Risiko (das Produkt funktioniert am Ende technisch nicht). VCs im Deeptech-Bereich müssen in der Lage sein, dieses technische Risiko tiefgehend zu bewerten.
Die zentralen Herausforderungen
Der Aufbau eines Deeptech-Startups erfordert ein spezielles Ökosystem. Neben dem offensichtlichen Bedarf an (geduldigem) Kapital ist der „War for Talent“ extrem. Es werden keine Web-Entwickler gesucht, sondern hochspezialisierte PhDs in Quantenphysik oder Biotechnologie, die weltweit umworben werden. Zudem muss die Brücke zwischen der akademischen Forschung und der kommerziellen, kundenorientierten Produktentwicklung geschlagen werden