Die „Downround Protection“, meist als „Anti-Dilution-Klausel“ (Verwässerungsschutz) im Vertragswerk bezeichnet, ist eine der wichtigsten Schutzklauseln für Investoren (insbesondere Venture Capital Fonds) in einem Beteiligungsvertrag. Sie wird relevant, wenn ein Startup in einer neuen Finanzierungsrunde Geld zu einer niedrigeren Bewertung (einer „Downround“) aufnimmt, als in der Runde zuvor.
Diese Klausel schützt den Frühphasen-Investor davor, dass seine Anteile durch „billiger“ einsteigende Neuinvestoren im Wert gemindert werden. Für Gründer ist diese Klausel von höchster Bedeutung, da sie im Ernstfall zu einer massiven, überproportionalen Verwässerung der eigenen Anteile führt.
Das Wichtigste in Kürze
- Was es ist: Eine vertragliche Schutzklausel (Anti-Dilution) in Beteiligungsverträgen, die Früh-Investoren bei einer „Downround“ (Finanzierungsrunde mit geringerer Bewertung) schützt.
- Der Mechanismus: Der geschützte Investor erhält zusätzliche, meist kostenfreie Anteile, um den Wertverlust seiner ursprünglichen Investition auszugleichen.
- Die Konsequenz: Die Ausgabe dieser Gratisanteile verwässert alle anderen Gesellschafter, insbesondere die Gründer und nicht-geschützte Angels, massiv.
- Die Typen: Man unterscheidet primär zwischen dem extremen „Full Ratchet“ (sehr gründerfeindlich) und dem gängigeren „Weighted Average“ (gemittelter Durchschnitt).
Warum fordern Investoren diesen Schutz?
Ein Investor, der in einer Series A zu einer Bewertung von 20 Millionen Euro investiert hat, möchte sein Investment geschützt sehen. Wenn das Unternehmen nun in einer Series B (aufgrund schlechterer Performance oder Marktlage) nur noch 10 Millionen Euro wert ist, würden Neuinvestoren Anteile für einen Bruchteil des Preises des Series-A-Investors erhalten.
Die Anti-Dilution-Klausel soll diesen „Preisnachteil“ des Altinvestors ausgleichen. Sie stellt sicher, dass der Investor, der das höhere Risiko in der Frühphase getragen hat, nicht schlechter gestellt wird als ein späterer Investor, der zu einem günstigeren Zeitpunkt einsteigt.
Wie funktioniert Downround Protection? (Die Mechanismen)
Der Kern der Klausel ist eine nachträgliche Anpassung des Einstiegspreises für den Altinvestor. Dies geschieht durch die Ausgabe neuer Anteile an ihn. Die Härte dieser Anpassung wird durch zwei Hauptmechanismen bestimmt:
1. Full Ratchet (Der härteste Mechanismus)
Der „Full Ratchet“ ist der Albtraum für Gründer, heute aber seltener geworden. Bei diesem Mechanismus werden alle Anteile des Altinvestors so behandelt, als hätte er sie zum neuen, niedrigen Preis der Downround gekauft.
- Beispiel: Ein Investor hält 1 Mio. Anteile, gekauft für 2 €/Stück (Wert 2 Mio. €). Die Downround findet zu 1 €/Stück statt. Mit einem Full Ratchet erhält der Investor 1 Mio. zusätzliche Anteile (1 Mio. € / 1 €), sodass er am Ende 2 Mio. Anteile hält, als hätte er von Anfang an nur 1 € bezahlt.
- Folge: Massive Verwässerung aller anderen Gesellschafter.
2. Weighted Average (Der gängige Kompromiss)
Der „Weighted Average“ (gewichteter Durchschnitt) ist der heute gängige Standard und fairer für Gründer. Dieser Mechanismus berücksichtigt nicht nur den niedrigeren Preis, sondern auch das Volumen (die Anzahl) der neu ausgegebenen Anteile.
Der neue Umrechnungspreis für den Altinvestor ist ein Mittelwert aus dem alten, hohen Preis und dem neuen, niedrigen Preis. Es gibt zwei Varianten:
- Broad-Based (Breite Basis): Dies ist die gründerfreundlichste und häufigste Form. Bei der Berechnung werden alle existierenden Anteile berücksichtigt, einschließlich Mitarbeiteroptionen (ESOPs) und Wandeldarlehen. Dies verteilt die Last auf mehr Schultern und die Verwässerung für Gründer fällt geringer aus.
- Narrow-Based (Schmale Basis): Hier werden nur die tatsächlich ausgegebenen Stamm- und Vorzugsanteile berücksichtigt. Dies führt zu einer stärkeren Verwässerung als der Broad-Based-Ansatz.
Was bedeutet das für Gründer?
Die Downround Protection ist ein „doppelter Schlag“ für Gründer. In einer Downround sinkt der Wert ihrer Anteile ohnehin schon. Durch die Anti-Dilution-Klausel werden sie zusätzlich verwässert, da die geschützten Investoren Gratisanteile erhalten.
Im „Worst Case“ (Full Ratchet in einer starken Downround) können die Gründeranteile fast wertlos werden.
Die Art des Verwässerungsschutzes (Full Ratchet vs. Broad-Based Weighted Average) ist daher einer der wichtigsten Verhandlungspunkte in einem Term Sheet. Gründer sollten die Mechanik exakt verstehen und „Full Ratchet“-Klauseln unter allen Umständen zu vermeiden suchen.
Fazit
Ein Verwässerungsschutz ist in fast allen VC-Verträgen Standard. Gründer können ihn selten komplett verhindern. Die Verhandlung sollte sich darauf konzentrieren, die gründerfeindlichste „Full Ratchet“-Klausel zu streichen und einen „Broad-Based Weighted Average“-Mechanismus zu vereinbaren.
Die beste „Downround Protection“ für Gründer ist jedoch, das Unternehmen so zu entwickeln, dass eine Downround gar nicht erst notwendig wird.