Die Drag-along-Klausel (deutsch: Mitverkaufspflicht) ist eine der wirtschaftlich signifikantesten und am härtesten verhandelten Regelungen in Beteiligungsverträgen (Shareholder Agreements) bei Startups. Sie räumt einer definierten Mehrheit der Gesellschafter (in der Regel den Investoren) das Recht ein, bei einem Verkauf des Unternehmens (Exit) alle übrigen Minderheitsgesellschafter zum Mitverkauf zu zwingen.
Für Gründer ist diese Klausel von existenzieller Bedeutung, da sie den potenziellen Verlust der Letztentscheidung über den Verkauf des eigenen Unternehmens regelt. Sie ist das direkte Gegenstück zur Tag-along-Klausel (Mitverkaufsrecht), die dem Schutz von Minderheiten dient.
Das Wichtigste in Kürze
- Definition: Eine Vertragsklausel, die Minderheitsgesellschafter (oft die Gründer nach mehreren Runden) zwingt, ihre Anteile mitzuverkaufen, wenn eine definierte Mehrheit (meist die Investoren) einem Gesamtverkauf (Exit) des Unternehmens zustimmt.
- Zweck: Sie sichert die 100%ige Verkaufsfähigkeit (Exit-Fähigkeit) des Startups. Ein Käufer will in der Regel das gesamte Unternehmen erwerben und keine verbleibenden Minderheitsgesellschafter „mitschleppen“.
- Interessenlage: Investoren (VCs) fordern diese Klausel, um ihren Exit sicherzustellen und Blockaden durch einzelne Gesellschafter zu verhindern.
- Risiko für Gründer: Der Gründer verliert das Recht, den Verkauf seines Unternehmens zu blockieren, selbst wenn er mit dem Zeitpunkt oder dem Preis nicht einverstanden ist.
Wie funktioniert eine Drag-along-Klausel?
Der Mechanismus wird durch ein externes Kaufangebot eines Dritten (z. B. eines Konzerns) ausgelöst, der das gesamte Unternehmen erwerben möchte.
- Auslöser (Trigger): Ein Dritter bietet an, 100 % der Anteile zu kaufen.
- Aktivierung: Eine im Beteiligungsvertrag definierte Mehrheit (z. B. „75 % aller Gesellschafter“ oder „die Mehrheit der von Investoren gehaltenen Anteile“) stimmt dem Verkauf zu.
- Die „Drag“-Pflicht: Durch die Aktivierung werden alle anderen Gesellschafter (die „Gezogenen“) gezwungen, ihre Anteile zu exakt denselben Konditionen (Preis pro Anteil, Verkaufsbedingungen) ebenfalls zu verkaufen.
Der entscheidende Punkt ist, dass der Verkauf zu denselben Konditionen stattfindet. Die Gründer werden also nicht preislich benachteiligt, aber sie verlieren ihre Autonomie.
Die Bedeutung für Gründer: Kontrolle vs. Exit-Fähigkeit
Für Gründer stellt die Drag-along-Klausel einen tiefen Einschnitt in ihre unternehmerische Freiheit dar. Sie müssen jedoch die Motive des Investors verstehen und ihre eigenen Verhandlungspunkte kennen.
Der Kontrollverlust
Der offensichtlichste Nachteil ist der Kontrollverlust. Ein Investor, dessen Fonds-Laufzeit endet, könnte einen Verkauf zu einem Zeitpunkt erzwingen, den die Gründer für zu früh halten. Die Gründer könnten der Meinung sein, dass das Unternehmen in zwei weiteren Jahren das Zehnfache wert wäre, werden aber durch die Klausel zum Verkauf gezwungen.
Der positive Aspekt: Sicherung eines geordneten Exits
Die Klausel hat jedoch auch eine positive, stabilisierende Funktion. Sie verhindert, dass einzelne Gesellschafter (z. B. ein frustrierter Mitgründer, der das Unternehmen verlassen hat) einen lukrativen Exit für alle blockieren können. Sie „säubert“ den Cap Table und macht das Unternehmen für Käufer attraktiv.
Wichtige Verhandlungspunkte für Gründer
Gründer sollten diese Klausel niemals unbesehen akzeptieren. Die Definition des Auslösers ist entscheidend:
- Der Schwellenwert (Threshold): Wer ist die „Mehrheit“, die den Drag auslösen kann? Sind es 51 %? Sind es 75 %?
- Gründer-Veto: Ein wichtiger Verhandlungspunkt ist, dass die Klausel nur mit Zustimmung von mindestens einem Gründer (oder der Mehrheit der Gründer-Stimmen) ausgelöst werden kann.
- Mindestpreis: In seltenen Fällen kann versucht werden, den Drag-along an einen Mindestkaufpreis zu koppeln (obwohl Investoren dies oft ablehnen).
Abgrenzung zur Tag-along-Klausel (Mitverkaufsrecht)
Es ist wichtig, die Klauseln nicht zu verwechseln:
- Drag-along (MitverkaufsPFLICHT): Schützt die Mehrheit. Die Mehrheit zwingt (drags) die Minderheit zum Mitverkauf.
- Tag-along (MitverkaufsRECHT): Schützt die Minderheit. Wenn die Mehrheit verkauft, darf (tags along) die Minderheit zu denselben Konditionen mitverkaufen