Der Begriff „Good Leave“ (deutsch: gutes Ausscheiden) ist eine zentrale Klausel in Gesellschafterverträgen (Shareholder Agreements, SHAs) und Vesting-Vereinbarungen. Er ist das direkte Gegenstück zur „Bad Leave“-Klausel.
Ein „Good Leave“ definiert die Umstände, unter denen ein Gründer oder Gesellschafter das Unternehmen unverschuldet oder aus legitimen Gründen verlässt. Die Definition dieser Klausel ist für Gründer von existenzieller Bedeutung, da sie regelt, ob und wie sie ihre bereits erarbeiteten (gevesteten) Unternehmensanteile im Falle eines Austritts behalten oder zu fairen Konditionen verkaufen können.
Das Wichtigste in Kürze
- Definition: Ein „Good Leave“ ist ein Austritt aus dem Unternehmen, der nicht die Kriterien eines „Bad Leave“ (wie Betrug, grobe Pflichtverletzung) erfüllt.
- Typische Auslöser: Die häufigsten unstrittigen „Good Leave“-Fälle sind Tod, dauerhafte Arbeitsunfähigkeit (Krankheit/Unfall) oder eine Kündigung durch das Unternehmen ohne wichtigen Grund.
- Die Kernkonsequenz: Beim Good Leave werden die bereits verdienten (vested) Anteile des Gründers fair behandelt.
- Die Abwicklung (Preis): Im Gegensatz zum Bad Leave (Strafpreis) darf der Gründer seine vested Anteile entweder behalten oder (was üblicher ist) sie werden ihm von der Gesellschaft oder den Mitgesellschaftern zum vollen, fairen Marktwert (Fair Market Value) abgekauft.
Wie wird ein „Good Leave“ definiert?
Die Definition im Gesellschaftervertrag ist der entscheidende Punkt. Oft wird ein „Good Leave“ nicht positiv aufgelistet, sondern „negativ“ definiert: Jeder Austrittsgrund, der nicht explizit als „Bad Leave“ aufgeführt ist, gilt automatisch als „Good Leave“.
Die unstrittigen Standardfälle für einen Good Leave sind:
- Tod des Gründers.
- Dauerhafte Arbeitsunfähigkeit (Invalidität) oder schwere Krankheit, die eine weitere Tätigkeit unmöglich macht.
- Kündigung des Anstellungsvertrags durch das Unternehmen, ohne dass ein wichtiger, vom Gründer zu vertretender Grund (im Sinne eines „Bad Leave“) vorliegt.
Der wichtigste Verhandlungspunkt: Die Eigenkündigung
Der größte Verhandlungsspielraum liegt bei der Eigenkündigung des Gründers.
- Gründerfreundlich: Eine einfache Eigenkündigung (z.B. weil der Gründer etwas Neues starten möchte) nach Ablauf der Vesting-Periode wird als „Good Leave“ gewertet.
- Investorenfreundlich: Eine Eigenkündigung wird (insbesondere wenn sie während der Vesting-Periode erfolgt) manchmal als „Bad Leave“ oder als ein Zwischending (z.B. „Leaver“) definiert, um Gründer am Austritt zu hindern.
Die finanziellen Konsequenzen im Detail
Die Folgen eines „Good Leave“ sind darauf ausgelegt, den Gründer für seine bis zum Austritt geleistete Arbeit fair zu behandeln und nicht zu bestrafen.
1. Unvested Anteile (Noch nicht verdiente Anteile)
Die Anteile, für die der Vesting-Zeitraum noch nicht abgelaufen ist, verfallen. Dies ist eine Standardregelung und gilt sowohl für „Good“ als auch „Bad Leaver“. Das Vesting dient dazu, die zukünftige Bindung sicherzustellen.
2. Vested Anteile (Bereits verdiente Anteile)
Hier liegt der entscheidende Unterschied zum Bad Leave. Für die bereits verdienten Anteile gibt es zwei gängige Regelungen:
- Möglichkeit 1: Der Gründer bleibt Gesellschafter Der Gründer verlässt das operative Geschäft, bleibt aber mit seinen Anteilen Gesellschafter und profitiert von einem zukünftigen Exit. (Diese Option wird von VCs oft abgelehnt, da sie „Dead Equity“ – passive, nicht-arbeitende Gesellschafter – im Cap Table vermeiden wollen).
- Möglichkeit 2: Zwangsrückkauf zum Marktwert (Standard) Dies ist die häufigste Lösung. Die Gesellschaft oder die anderen Gesellschafter haben das Recht (Call Option), dem ausscheidenden Gründer seine Anteile abzunehmen, um den Cap Table zu „säubern“. Im Gegenzug muss dem Gründer der faire Marktwert (Fair Market Value, FMV) dieser Anteile bezahlt werden.
Warum die Verhandlung dieser Klausel entscheidend ist
Für Gründer ist das Ziel in Verhandlungen, die Definition eines „Bad Leave“ so eng wie möglich (z.B. nur auf Straftaten) zu begrenzen. Dadurch wird der „Good Leave“ zur Standard-Regel für alle anderen Austrittsgründe (inklusive einer normalen Eigenkündigung).
Dies stellt sicher, dass das „Sweat Equity“ – die durch jahrelange Arbeit verdienten Anteile – im Falle eines legitimen Austritts nicht vernichtet, sondern fair vergütet wird