Intellectual Property (IP), zu Deutsch „geistiges Eigentum“, ist der Sammelbegriff für alle immateriellen Vermögenswerte eines Unternehmens. Für die meisten Startups, insbesondere im Tech-Bereich, ist das IP nicht nur ein Teil des Unternehmens, sondern oft der einzige nennenswerte Vermögenswert.
Im Gegensatz zu etablierten Unternehmen, deren Wert in Fabriken oder Lagerbeständen liegen kann, basiert die Bewertung eines Startups fast ausschließlich auf der Stärke seiner Innovationen. Dazu gehören der geschriebene Softwarecode, die angemeldete Marke, das technische Patent oder der einzigartige Algorithmus. Die systematische Erfassung, der Schutz und die Übertragung dieses IPs auf das Unternehmen sind die Grundvoraussetzung für jede erfolgreiche Finanzierungsrunde und jeden Exit.
Das Wichtigste in Kürze
- Definition: IP umfasst alle immateriellen Vermögenswerte eines Startups, primär Patente (Erfindungen), Marken (Branding), Urheberrechte (Code, Content) und Geschäftsgeheimnisse (Know-how).
- Der Kernwert: Bei den meisten Startups (insb. Tech) ist das IP der Haupttreiber der Unternehmensbewertung. Investoren finanzieren nicht Büromöbel, sondern das Potenzial des geistigen Eigentums.
- Defensive Funktion: Registriertes IP (wie Patente oder Marken) schafft hohe Markteintrittsbarrieren und schützt das Startup davor, von Wettbewerbern kopiert zu werden.
- Deal Breaker (VC-Prüfung): Ein „unsauberes“ IP-Portfolio ist der häufigste Grund für das Scheitern von Finanzierungsrunden in der Due Diligence. Das IP muss zu 100 % dem Startup (der GmbH/AG) gehören, nicht den Gründern privat.
Warum IP die Bewertung von Startups bestimmt
Investoren (VCs) suchen nach skalierbaren und verteidigungsfähigen Geschäftsmodellen. Das IP ist der juristische und wirtschaftliche Beweis für beides.
1. Grundlage der Unternehmensbewertung
In der Frühphase besitzt ein Startup oft kaum mehr als einen Prototyp und ein Pitch Deck. Der Wert, den ein Investor bei einer Pre-Money-Bewertung von 10 Millionen Euro ansetzt, ist der Wert des Potenzials. Dieses Potenzial wird durch das IP repräsentiert. Ein angemeldetes Patent (bei Deeptech) oder ein hochkomplexer, proprietärer Algorithmus (bei SaaS) ist der einzige „harte“ Vermögenswert, den der Investor bewerten kann.
2. Schaffung von Markteintrittsbarrieren
IP ist der „Verteidigungsgraben“ des Startups.
- Patente können Wettbewerber für bis zu 20 Jahre daran hindern, eine Kerntechnologie nachzubauen.
- Marken (Trademarks) schützen die Identität und verhindern, dass Konkurrenten unter ähnlichem Namen Verwirrung stiften und Kunden abgreifen.
- Urheberrecht (Copyright) schützt den konkreten Softwarecode vor einer direkten Kopie.
Ohne IP-Schutz ist ein erfolgreiches Geschäftsmodell eine offene Einladung an Wettbewerber und „Copycats“, den Markt mit ähnlichen Angeboten zu fluten.
3. Voraussetzung für Exit-Strategien (M&A)
Startups werden in der Regel nicht wegen ihrer Umsatzzahlen gekauft, sondern wegen ihrer Technologie, ihrer Nutzerbasis oder ihres Teams. Der Käufer (z. B. ein Konzern) erwirbt im Kern das IP. Ein sauber dokumentiertes und geschütztes IP-Portfolio ist die Grundvoraussetzung, um überhaupt als „target“ (Übernahmeziel) infrage zu kommen.
IP-Due Diligence: Der kritischste Checkpoint für Gründer
In jeder Finanzierungsrunde (und bei jedem Exit) findet eine Due Diligence statt. Die „Legal Due Diligence“ fokussiert sich dabei massiv auf das IP. Investoren wollen sichergehen, dass das, was sie kaufen, dem Startup auch wirklich gehört.
Der häufigste „Deal Breaker“ für Startups ist die fehlerhafte IP-Übertragung:
- Problemfall 1 (Gründer): Der Code wurde von einem Gründer vor der Gründung der GmbH geschrieben. Wenn dieser Code nicht sauber per Vertrag an die GmbH übertragen (eingebracht) wurde, gehört er rechtlich noch dem Gründer privat.
- Problemfall 2 (Freelancer): Ein externer Entwickler (Freelancer) schreibt den Code, aber im Vertrag fehlt die Klausel, dass alle Nutzungs- und Verwertungsrechte exklusiv an das Startup übergehen.
- Problemfall 3 (Universität): Ein Gründer hat die Idee im Rahmen seiner Tätigkeit an einer Universität entwickelt. Es ist unklar, ob die Rechte bei ihm oder bei der Hochschule liegen (Arbeitnehmererfindungsgesetz).
Ein Investor wird niemals in ein Unternehmen investieren, bei dem unklar ist, ob ihm das Kernprodukt überhaupt gehört.
Die Hauptformen von IP im Startup-Kontext
Patente
Relevant für technische Erfindungen (z. B. Deeptech, Biotech, Hardware, komplexe Verfahren). Sie sind teuer und langwierig in der Anmeldung, bieten aber den stärksten Schutz.
Marken (Trademarks)
Schützt den Namen, das Logo, den Slogan. Essentiell für den Aufbau einer Marke (Branding) und die Abgrenzung im Markt.
Urheberrecht (Copyright)
Schützt automatisch (ohne Registrierung) „Werke“ wie Softwarecode, Datenbankstrukturen, Texte auf der Website oder das Design (UI/UX).
Geschäftsgeheimnisse (Trade Secrets)
Informationen, die wertvoll sind, weil sie geheim sind (z.B. der Google-Algorithmus, das Coca-Cola-Rezept, Kundenlisten). Dieser Schutz erfordert aktive Maßnahmen zur Geheimhaltung (Zugriffsbeschränkungen, NDAs).