Ein Letter of Intent (LoI), zu Deutsch „Absichtserklärung“, ist ein Dokument, das in komplexen Geschäftsverhandlungen – insbesondere bei Finanzierungsrunden oder Unternehmensverkäufen (M&A) – eingesetzt wird. Es hält die wesentlichen Eckpunkte und das gemeinsame Verständnis der Parteien über einen potenziellen zukünftigen Vertrag fest.
Für Startups markiert der LoI oft einen Meilenstein: Er signalisiert das ernsthafte Interesse eines Investors oder Käufers und bildet die Grundlage für die finale Verhandlungsphase (Due Diligence). Obwohl er meist nicht die Hauptpunkte des Deals rechtlich bindend macht, ist er ein psychologisch und strategisch entscheidendes Dokument, das Gründer niemals unterschätzen sollten.
Das Wichtigste in Kürze
- Definition: Ein LoI ist eine schriftliche Absichtserklärung, die die (meist nicht-bindenden) Hauptbedingungen eines zukünftigen Vertrags, wie z. B. einen Unternehmenskauf (M&A) oder ein großes Investment, skizziert.
- Der Knackpunkt (Bindung): Der LoI ist ein „Gentlemen’s Agreement“. Die Kernpunkte (z. B. Kaufpreis) sind in der Regel nicht einklagbar. Bestimmte Klauseln (siehe unten) sind jedoch fast immer rechtlich bindend.
- Zweck: Er testet die Ernsthaftigkeit, schafft eine Verhandlungsbasis, fixiert die Eckpunkte (Bewertung, Struktur) und dient als Fahrplan für den weiteren Prozess (insb. die Due Diligence).
- Abgrenzung (VC): Bei Venture Capital Finanzierungen wird ein sehr ähnliches Dokument verwendet, das jedoch meist als „Term Sheet“ bezeichnet wird.
Der Zweck: Warum ein LoI?
Ein LoI dient dazu, die Seriosität beider Parteien zu prüfen, bevor erhebliche Kosten (für Anwälte, Wirtschaftsprüfer) in einer Due Diligence (DD) entstehen. Er soll sicherstellen, dass beide Seiten dasselbe Verständnis von den wichtigsten Deal-Parametern haben.
Er dient als „Anker“ für die Verhandlungen. Obwohl der Kaufpreis im LoI oft als „nicht-bindend“ deklariert wird, ist es psychologisch und strategisch extrem schwierig, von den dort festgelegten Punkten wesentlich abzuweichen.
Die entscheidende Frage: Bindend oder nicht-bindend?
Dies ist der kritischste Aspekt, den Gründer verstehen müssen. Ein LoI ist ein hybrides Dokument:
1. Nicht-bindende Klauseln (Der Haupt-Deal)
Diese Klauseln beschreiben die geplante Transaktion, sind aber rechtlich (noch) nicht durchsetzbar. Scheitert der Deal später, kann man die Gegenseite nicht zwingen, den Kauf abzuschließen.
- Kaufpreis und Bewertungsbasis
- Struktur der Transaktion (z. B. Asset Deal vs. Share Deal)
- Geplanter Zeitplan (Timeline)
- Bedingungen, die für den Abschluss noch erfüllt werden müssen (z. B. „vorbehaltlich einer zufriedenstellenden Due Diligence“)
2. Bindende Klauseln (Die „Fallen“)
Dies sind die Klauseln, die ab dem Moment der Unterschrift sofort rechtlich einklagbar sind. Sie regeln nicht ob, sondern wie verhandelt wird. Gründer müssen diese Klauseln extrem sorgfält ig prüfen:
- Exklusivität (Exclusivity / No-Shop): Dies ist die wichtigste bindende Klausel. Der Gründer verpflichtet sich, für einen festgelegten Zeitraum (z. B. 60-90 Tage) nicht mit anderen potenziellen Käufern oder Investoren zu verhandeln. Diese Klausel ist für den Käufer essenziell, da er nicht in eine teure Due Diligence investieren will, wenn der Gründer parallel an die Konkurrenz verkauft.
- Vertraulichkeit (Confidentiality / NDA): Verpflichtet beide Seiten, über die Verhandlungen und die geteilten Informationen Stillschweigen zu bewahren.
- Kostentragung (Costs): Regelt, wer welche Kosten trägt, falls der Deal platzt (meist trägt jede Seite ihre eigenen).
Was Gründer bei der Verhandlung beachten müssen
Ein LoI wird oft vom Käufer (Investor) vorgelegt und spiegelt dessen Interessen wider. Gründer sollten nie einen LoI ohne rechtlichen Beistand unterzeichnen.
- Exklusivität begrenzen: Der Zeitraum der Exklusivität muss so kurz wie möglich gehalten werden. Jeder Tag bindet dem Startup die Hände.
- Kaufpreis als „Obergrenze“: Der im LoI genannte Preis ist fast immer das Maximum, das der Käufer zahlen wird. Nach der Due Diligence wird oft versucht, den Preis aufgrund von „Findings“ (gefundenen Problemen) zu drücken.
- Deal-Struktur (Asset vs. Share): Der LoI legt oft die Art des Kaufs fest. Diese Entscheidung hat massive steuerliche Auswirkungen für die Gründer und muss sofort verstanden werden.
Abgrenzung: LoI vs. Term Sheet
Beide Dokumente sind Absichtserklärungen, werden aber in unterschiedlichen Kontexten verwendet:
- Term Sheet: Der gängige Begriff bei Venture Capital (VC) Finanzierungsrunden. Es ist oft eine stichpunktartige Auflistung der Investment-Konditionen (Bewertung, Liquidationspräferenz, Vesting etc.).
- Letter of Intent (LoI): Der gängige Begriff bei M&A (Exits / Verkauf) oder komplexen strategischen Partnerschaften. Er ist oft stärker ausformuliert (in Briefform) als ein Term Sheet.