Ein Memorandum of Understanding (MoU) ist eine formelle, schriftliche Übereinkunft zwischen zwei oder mehreren Parteien. Es wird typischerweise in einer frühen Phase von Geschäftsverhandlungen – etwa bei geplanten strategischen Partnerschaften, Joint Ventures oder komplexen Projekten – eingesetzt.
Ein MoU signalisiert eine „Willensübereinstimmung“ (Meeting of the Minds) und dokumentiert die wesentlichen Eckpunkte, auf die sich die Parteien geeinigt haben. Es dient als Fahrplan für die finalen, detaillierten Vertragsverhandlungen. Obwohl es oft einen weniger formellen Charakter als ein Letter of Intent (LoI) hat, ist seine rechtliche und strategische Tragweite nicht zu unterschätzen.
Das Wichtigste in Kürze
- Definition: Ein MoU ist eine (meist) nicht-bindende Übereinkunft, die den gemeinsamen Willen und die Eckpunkte einer zukünftigen Zusammenarbeit (z. B. ein Joint Venture) skizziert.
- Der Zweck: Es dient der Schaffung einer seriösen Verhandlungsgrundlage, der Strukturierung des weiteren Prozesses und der Prüfung der Ernsthaftigkeit aller beteiligten Parteien, bevor teure Hauptverträge aufgesetzt werden.
- Die Bindung (WICHTIG): Der operative Teil (z. B. „Wir werden ein Joint Venture gründen“) ist in der Regel nicht rechtlich einklagbar. Bestimmte Klauseln (wie Vertraulichkeit, Exklusivität) werden jedoch fast immer als bindend formuliert.
- Unterschied zum LoI: Ein MoU signalisiert oft eine gemeinsame Übereinkunft (mehrere Parteien wollen zusammen etwas tun), während ein LoI oft einseitiger ist (z. B. „Partei A beabsichtigt, Partei B zu kaufen“).
Der Zweck: Warum ein MoU statt eines Hauptvertrags?
In der Startup-Welt ist Geschwindigkeit oft entscheidend, aber bei komplexen Partnerschaften (z. B. mit Konzernen) sind die finalen Verträge langwierig und teuer in der Ausarbeitung. Das MoU dient als Brücke:
- Struktur und Fahrplan: Es hält fest, was bereits vereinbart wurde (z. B. Ziele, Beiträge der Partner, Zeitplan) und dient als Blaupause für die finalen Verträge.
- Test der Ernsthaftigkeit: Ein Partner, der nicht bereit ist, ein MoU zu unterzeichnen, ist wahrscheinlich auch nicht bereit, den Deal durchzuziehen.
- Basis für Finanzierung/Planung: Intern kann ein MoU genutzt werden, um Ressourcen zu beantragen oder dem eigenen Aufsichtsrat zu signalisieren, dass ein Deal in Vorbereitung ist.
Der entscheidende Punkt: Die rechtliche Bindung
Dies ist der kritischste Aspekt, den Gründer verstehen müssen. Ein MoU ist ein hybrides Dokument.
1. Nicht-bindende Klauseln (Der „Deal“)
Der Kern des MoU – die Beschreibung des gemeinsamen Vorhabens, der Ziele und der angestrebten Kooperation – ist fast immer als nicht rechtlich bindend (non-binding) formuliert. Das bedeutet, wenn ein Partner sich später entscheidet, das Joint Venture doch nicht zu gründen, kann er nicht auf Basis des MoU dazu gezwungen werden.
2. Bindende Klauseln (Die „Spielregeln“)
Um die Verhandlungen selbst zu schützen, werden bestimmte Klauseln in das MoU aufgenommen, die explizit als rechtlich bindend (binding) deklariert werden:
- Vertraulichkeit (Confidentiality / NDA): Alle Informationen, die während der Verhandlungen ausgetauscht werden, müssen geheim gehalten werden, selbst wenn der Deal platzt.
- Exklusivität (Exclusivity / No-Shop): Oft enthalten. Die Parteien verpflichten sich, für einen bestimmten Zeitraum nicht mit Dritten über ein ähnliches Projekt zu verhandeln.
- Kostentragung: Regelt, wer die Anwalts- und Beratungskosten trägt (meist jede Partei ihre eigenen).
- Anwendbares Recht/Gerichtsstand: Legt fest, welches Recht im Streitfall über die bindenden Klauseln gilt.
Abgrenzung: MoU vs. Letter of Intent (LoI)
Die Begriffe werden in der Praxis oft synonym verwendet, es gibt jedoch eine traditionelle Nuance:
- Letter of Intent (LoI): Drückt oft eine einseitige Absicht aus (Intent = Absicht). Es ist das typische Instrument bei Übernahmen (M&A). Ein Käufer legt einem Verkäufer seine Absicht und die Eckpunkte eines Angebots vor.
- Memorandum of Understanding (MoU): Drückt eine gegenseitige Übereinkunft aus (Understanding = Verständnis). Es ist typisch für Partnerschaften, bei denen zwei (oder mehr) gleichberechtigte Parteien gemeinsam ein Ziel verfolgen wollen.
Was Gründer bei der Verhandlung beachten sollten
Ein MoU, auch wenn es „nicht-bindend“ klingt, schafft Fakten. Es setzt einen psychologischen „Anker“ für die finalen Verhandlungen.
Gründer sollten niemals ein MoU ohne rechtliche Prüfung unterzeichnen. Die größte Gefahr liegt in den bindenden Klauseln: Eine zu lange Exklusivitäts-Periode kann das Startup lähmen und wertvolle Monate kosten, wenn der Partner die Verhandlungen verschleppt, während man selbst mit niemand anderem sprechen darf