Die Run Rate (auch „Annual Run Rate“ oder ARR) ist eine Prognose-Kennzahl, die den aktuellen, kurzfristigen Umsatz eines Unternehmens auf ein volles Jahr hochrechnet. Sie ist eine Momentaufnahme, die (vereinfacht) beantwortet: „Wenn das Unternehmen den Rest des Jahres genauso performt wie im letzten Monat (oder Quartal), welchen Jahresumsatz würde es erzielen?“
Für Startups, insbesondere im SaaS-Bereich, ist die Run Rate eine zentrale Metrik, um das aktuelle Wachstumstempo schnell zu kommunizieren, insbesondere gegenüber Investoren.
Das Wichtigste in Kürze
- Definition: Eine Extrapolation (Hochrechnung) des aktuellen, kurzfristigen Umsatzes (meist 1 Monat oder 1 Quartal) auf ein volles Jahr.
- Berechnung (Monat):
Aktueller Monatsumsatz (MRR) * 12 = Annual Run Rate (ARR) - Berechnung (Quartal):
Aktueller Quartalsumsatz * 4 = Run Rate - Zweck: Dient als Indikator für die aktuelle Wachstumsdynamik und als Basis für schnelle Bewertungen in der VC-Welt.
- Achtung: Es ist eine Momentaufnahme, keine Prognose. Die Run Rate ignoriert Saisonalität, Churn und einmalige Sondereffekte.
Wie wird die Run Rate berechnet?
Die Berechnung ist unkompliziert und basiert auf der Multiplikation der jüngsten stabilen Umsatzperiode. Die gewählte Periode (Monat oder Quartal) hängt von der Stabilität des Geschäftsmodells ab.
1. Auf Monatsbasis (Standard bei SaaS)
Dies ist der häufigste Anwendungsfall und wird oft synonym mit dem „Annual Recurring Revenue“ (ARR) verwendet. Man nimmt den wiederkehrenden Monatsumsatz (Monthly Recurring Revenue, MRR) und multipliziert ihn mit 12.
- Formel:
MRR * 12 = Run Rate (ARR) - Beispiel: Ein SaaS-Startup erzielt 100.000 € MRR. Die Run Rate beträgt 100.000 € * 12 = 1,2 Mio. €.
2. Auf Quartalsbasis
Diese Methode wird bei Unternehmen mit stärkeren monatlichen Schwankungen oder bei B2B-Modellen mit längeren Zyklen genutzt, um einen stabileren Durchschnitt zu erhalten.
- Formel:
Umsatz des letzten Quartals * 4 = Run Rate - Beispiel: Ein Unternehmen erzielt 500.000 € Umsatz im 3. Quartal. Die Run Rate beträgt 500.000 € * 4 = 2,0 Mio. €.
Warum ist die Run Rate für Startups wichtig?
Die Run Rate ist eine der wichtigsten Kennzahlen im „Vokabular“ von Venture Capital (VC).
- Kommunikation (VCs): In einem Pitch ist die Run Rate eine einfache, schlagkräftige Zahl. „Wir haben eine 2-Mio.-Run-Rate“ ist oft schneller zu kommunizieren als „Wir machen 167k MRR“. Sie ist die Basis für viele VC-Bewertungen, die oft als Vielfaches der Run Rate (ARR) ausgedrückt werden.
- Wachstumsindikator: Die Veränderung der Run Rate von Monat zu Monat (oder Quartal zu Quartal) ist ein klarer Indikator für die Wachstumsgeschwindigkeit (Growth Velocity).
- Benchmarking: Sie ermöglicht einen schnellen Vergleich mit anderen Startups in derselben Phase.
Die Grenzen und Gefahren der Run Rate
Die Run Rate ist eine nützliche, aber auch gefährliche Kennzahl. Gründer müssen ihre Schwächen kennen, da Investoren dies auch tun werden.
- Ignoranz von Saisonalität: Das Hauptproblem. Ein E-Commerce-Startup, das seinen Q4-Umsatz (Weihnachtsgeschäft) hochrechnet, erhält eine massiv geschönte und unrealistische Jahresprognose.
- Einmalige Effekte: Ein großer Einmal-Auftrag (z. B. eine Projektgebühr statt MRR) in einem Monat würde die Run Rate fälschlicherweise explodieren lassen. (Deshalb sollte man nur den wiederkehrenden Umsatz, den MRR, verwenden).
- Ignoranz von Churn: Die Run Rate geht implizit davon aus, dass alle Kunden bleiben. Sie ist eine Brutto-Betrachtung und kann eine hohe Kündigungsrate (Churn Rate) maskieren.
Abgrenzung: Run Rate vs. Forecast
Es ist entscheidend, diese beiden Begriffe zu trennen:
- Run Rate: Eine simple, mathematische Extrapolation der Vergangenheit. (Wenn alles so bleibt wie jetzt).
- Forecast (Prognose): Eine komplexe, datengestützte Zukunftsprognose. Sie berücksichtigt Saisonalität, geplante Marketing-Aktivitäten, Kündigungsraten und die Sales-Pipeline. Ein Forecast ist (sollte) deutlich genauer sein als eine Run Rate