Die Tag-along-Klausel (deutsch: Mitverkaufsrecht) ist ein gängiger und wichtiger Bestandteil von Gesellschafterverträgen (Shareholder Agreements, SHAs) bei Startups. Sie dient primär dem Schutz von Minderheitsgesellschaftern (Minority Shareholders).
Diese Klausel stellt sicher, dass, wenn ein Mehrheitsgesellschafter (oder eine definierte Gruppe von Gesellschaftern) seine Anteile an einen Dritten verkauft, die Minderheitsgesellschafter das Recht haben, ihre eigenen Anteile zu denselben Konditionen (insbesondere zum selben Preis) mitzuverkaufen. Sie ist das direkte Gegenstück zur „Drag-along-Klausel“ (Mitverkaufspflicht).
Das Wichtigste in Kürze
- Definition: Die Tag-along-Klausel ist ein vertraglich zugesichertes „Mitverkaufsrecht“ für Minderheitsgesellschafter.
- Das Recht: Wenn ein Mehrheitseigner seine Anteile verkauft, dürfen die Inhaber der Tag-along-Rechte ihre Anteile zu exakt denselben Konditionen (Preis pro Anteil) an den Käufer mitverkaufen.
- Der Zweck (Minderheitenschutz): Sie schützt die Minderheit davor, „zurückgelassen“ zu werden, wenn die Gründer oder Hauptinvestoren aussteigen. Sie verhindert, dass man ungewollt Gesellschafter neben einem neuen, fremden Mehrheitseigner wird.
- Das Gegenteil: Die Drag-along-Klausel (Mitverkaufspflicht), die die Mehrheit schützt und die Minderheit zum Verkauf zwingt.
Wie funktioniert die Tag-along-Klausel in der Praxis?
Der Mechanismus wird durch ein Verkaufsangebot eines Dritten an einen oder mehrere (meist) Mehrheitsgesellschafter ausgelöst.
- Auslöser: Ein Mehrheitsgesellschafter (z. B. ein Gründer) erhält ein Angebot für seine Anteile.
- Informationspflicht: Der verkaufswillige Gesellschafter muss die Minderheitsgesellschafter über die genauen Konditionen des Angebots informieren.
- Die Option (Das Recht): Die Minderheitsgesellschafter (z. B. Business Angels, VCs) haben nun das Recht (aber nicht die Pflicht), zu verlangen, dass der Käufer auch ihre Anteile zu denselben Bedingungen kauft.
- Pro-Rata-Regelung: Falls der Käufer nicht 100 % der Anteile erwerben will (sondern nur den Anteil des Mehrheitseigentümers), muss er sein Angebot oft „pro-rata“ (anteilig) auf alle verkaufswilligen Gesellschafter (Mehrheit und Minderheit) aufteilen.
Warum ist diese Klausel für Gründer und Investoren wichtig?
Die Klausel ist ein zentrales Instrument zur Balancierung der Interessen im Gesellschafterkreis.
Schutz für Investoren (als Minderheit)
In den frühen Phasen (Seed, Series A) sind Investoren (Business Angels, VCs) oft Minderheitsgesellschafter, während die Gründer die Mehrheit halten.
Das Hauptszenario, vor dem sich Investoren fürchten: Die Gründer verkaufen ihre Mehrheit an einen Konzern (strategischer Käufer) und „verlassen das Schiff“. Der Investor wäre nun „gefangen“ (illiquide) in einer Gesellschaft, die von einem neuen Eigentümer kontrolliert wird, der möglicherweise völlig andere Ziele hat (z. B. Integration statt IPO, Stagnation statt Wachstum).
Das Tag-along-Recht stellt sicher, dass der Investor im Erfolgsfall ebenfalls liquidieren kann und denselben guten Preis wie die Gründer erhält.
Schutz für Gründer (als Minderheit)
Was Gründer oft übersehen: Nach mehreren Finanzierungsrunden (Series B, C, D) sind sie durch die starke Verwässerung (Dilution) oft selbst zu Minderheitsgesellschaftern geworden.
In diesem „Late-Stage“-Szenario kehrt sich der Schutz um: Wenn nun ein großer VC-Fonds (der jetzt die Mehrheit hält) seine Anteile in einem „Secondary“-Deal verkauft, schützt die Tag-along-Klausel die Gründer davor, übergangen zu werden, und gibt ihnen die Chance, ebenfalls (einen Teil) ihres „Papiervermögens“ zu realisieren.
Abgrenzung zur Drag-along-Klausel
Beide Klauseln regeln den Verkauf, aber mit entgegengesetzten Zielen:
- Tag-along (MitverkaufsRECHT):
- Schützt die Minderheit.
- Mechanismus: Die Minderheit darf (tags along).
- Motto: „Wenn du gehst, will ich auch gehen dürfen.“
- Drag-along (MitverkaufsPFLICHT):
- Schützt die Mehrheit.
- Mechanismus: Die Mehrheit zwingt (drags along) die Minderheit.
- Motto: „Wenn ich gehe, musst du mitkommen.“ (Sichert 100%ige Verkaufsfähigkeit