Menschen, die ein Hardware-Startup gründen, denken meist zuerst an die technische Umsetzung, die Suche nach den passenden Zulieferern und den Aufbau eines tragfähigen Geschäftsmodells.
Neben dem Produktdesign und der grundlegenden Marktstrategie spielen jedoch auch die rechtlichen Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle. Werden die regulatorischen Anforderungen ignoriert, werden Verzögerungen, hohe Zusatzkosten oder im schlimmsten Fall sogar ein Verkaufsverbot riskiert.
Europäische und nationale Vorgaben im Blick behalten
Besonders deutlich wird das am Beispiel der E-Zigarettenindustrie, die innerhalb Europas einem klar definierten rechtlichen Geflecht unterliegt.
Die Europäische Union regelt den Bereich der elektronischen Zigaretten über die Richtlinie 2014/40/EU (Tobacco Products Directive). Der Artikel 20 legt fest, dass Geräte und Liquids nur mit bestimmten Eigenschaften auf den Markt gebracht werden dürfen. Dazu zählen ein maximales Tankvolumen, kindersichere Verschlüsse, eine einheitliche Nikotinabgabe und außerdem umfassende Produktinformationen. Hersteller und Importeure müssen ihre Produkte darüber hinaus mindestens sechs Monate vor Markteintritt im EU Common Entry Gate, kurz EU-CEG, anmelden.
Diese Anforderungen werden durch nationale Regelungen zusätzlich verschärft. In Deutschland gilt für Hersteller von E-Zigaretten neben den Vorschriften des Jugendschutzgesetzes beispielsweise auch das ElektroG, das seit der Novelle 2024 strengere Pflichten hinsichtlich der Rücknahme von Altgeräten enthält. Hinzu kommen Einschränkungen bei der Werbung sowie klare Altersgrenzen für die Abgabe an Verbraucher:innen.
Im Alltag bedeutet das für Startups: Ohne die gründliche Kenntnis der rechtlichen Landschaft ist ein sicherer Markteintritt kaum möglich. Schon in der Entwicklungsphase sollten Gründer:innen die technischen Vorgaben im Blick behalten. Aspekte wie Sicherheit, Materialwahl und Benutzerfreundlichkeit sind nicht nur für die Konsument:innen entscheidend, sondern auch für die behördliche Zulassung. Ein Beispiel aus der Praxis ist die Caliburn G3, die durch ihr kompaktes Design, integrierte Sicherheitsmechanismen und klar nachvollziehbare Produktspezifikationen zeigt, wie technologische Umsetzung und regulatorische Anforderungen zusammengedacht werden können.
Frühzeitig regulatorische Pflichten durchdenken
Zu den Schritten, die Gründer:innen bereits in der frühen Phase in diesem Zusammenhang unternehmen sollten, gehören:
- Produktspezifikationen anpassen: Bereits beim Prototyping sollten Startups auf die Details achten, die rechtlich relevant werden können. Dazu gehören die Materialauswahl, die Sicherheitsmechanismen oder auch die Gestaltung der Verpackungen. So lassen sich später kostspielige Anpassungen vermeiden.
- Meldungen und Fristen berücksichtigen: Die sechsmonatige Vorlaufzeit für die Produktmeldung über das EU-CEG bedeutet, dass sich ein Geschäftsplan nicht ausschließlich an der technischen Entwicklungszeit orientieren darf. Der regulatorische Prozess stellt ebenso einen integralen Bestandteil der Roadmap wie das Marketing oder die Finanzierung dar.
- Nachhaltigkeit und Entsorgung bedenken: Neben den Verbraucherschutzvorgaben rücken heute Umweltauflagen immer stärker in den Fokus. Die Rücknahmepflichten für Elektrogeräte und Batterien zwingen junge Unternehmen, schon früh über Recyclingkonzepte und logistische Lösungen nachzudenken. Gerade im Bereich der Lithium-Ionen-Batterien gelten zunehmend striktere Vorgaben.
Wichtige Lehren aus anderen regulierten Branchen
Der Blick in andere Industrien zeigt, dass sich die Muster bei diesem Thema oft wiederholen. Medizintechnik, Nahrungsergänzungsmittel oder Wearables stehen nämlich vor ähnlichen Hürden. Die Parallelen liegen in der Kombination aus technologischer Innovation und dem regulatorischen Prüfprozess.
Startups, die den bürokratischen Aufwand nicht als Hemmnis, sondern als festen Bestandteil ihrer Strategie begreifen, sind langfristig erfolgreicher. Eine Studie der Europäischen Kommission verdeutlicht ebenfalls, dass Unternehmen, die regulatorische Fragen frühzeitig in ihre Entwicklung einbeziehen, deutlich schneller auf den Markt gelangen und weniger Risiko von Rückrufen betroffen zu sein, tragen.
Praxisnahe Strategien für Gründerinnen und Gründer
- Frühzeitige Expertise einholen: Der Austausch mit Fachjuristen oder spezialisierten Beratungen spart viel Zeit und verhindert teure Fehlinvestitionen.
- Regulatorisches Wissen im Team verankern: Ein Mitglied des Kernteams sollte sich gezielt mit den rechtlichen Fragen beschäftigen, damit der Überblick nicht verloren geht.
- Internationale Unterschiede beachten: Wer den europäischen Binnenmarkt verlässt, stößt schnell auf abweichende Vorschriften. Der Markteintritt in den USA oder Asien erfordert daher eine gesonderte Analyse.
- Dialog mit Behörden suchen: Die frühzeitige Rücksprache mit zuständigen Stellen reduziert Unsicherheiten und schafft beispielsweise Klarheit über akzeptierte Produktdesigns.
Rechtliche Sicherheit ist ein Wettbewerbsvorteil
Für Hardware-Startups bedeutet der Umgang mit den geltenden regulatorischen Anforderungen weit mehr als nur ein Abarbeiten von Formalitäten.
Werden die Gesetze und Richtlinien schon frühzeitig bei der Produktentwicklung beachtet, ergeben sich neben mehr Planungssicherheit auch höhere Chancen auf einen reibungslosen Markteintritt.